ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

Europa der Menschen und der Menschenrechte

Europa definiert sich nicht nur über seine ökonomische Stärke und seine spezifische Topographie, sondern über gemeinsame Werte.“

Am 2. Oktober haben Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Annesty International und anderen Nichtregierungsorganisationen sowie Gewerkschaften, Flüchtlingsinitiativen und Künstlern einen bundesweiten Aufruf gestartet. Dieser formuliert 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ein breit verankertes Selbstverständnis: Asyl ist ein Menschenrecht! Solidarität, Mitgefühl und Humanität gehören zu einem offenen, vielfältigen Deutschland und zu Europa. Für ein Europa der Menschen und der Menschenrechte (Initiator Amnesty International).

Gegen Rassismus, Hetze und Hass. Für ein offenes Europa der Aufklärung und der Freiheit, des Rechts und der weltanschaulichen Toleranz. Europa ist nicht nur oder in erster Linie ein gemeinschaftlicher Wirtschaftsraum, sondern lebt davon, dass es die Menschen und ihre Würde schützt. Geben Sie der Vernunft und der Humanität, den Menschenrechten und der Menschlichkeit in Deutschland und Europa eine Stimme. Zeigen Sie Haltung!  (siehe auch → hier)

Nicht nur am 10.12.: Tag der Menschenrechte

Am 10. Dezember 1948 wurde durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR – Universal Declaration of Human Rights) verabschiedet. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen nehmen diesen Tag jedes Jahr zum Anlass, an die Bedeutung dieser Erklärung zu erinnern und die Menschenrechtslage weltweit kritisch zu betrachten. Das Europäische Parlament verleiht am 10. Dezember jährlich den Sacharow-Preis, die Organisation Reporter ohne Grenzen ihren Menschenrechtspreis.

Diese AEMR der UN besteht aus 30 Artikeln, die die grundlegenden Ansichten über die Rechte, die jedem Menschen zustehen, „ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.“ (siehe AEMR). Die Menschenrechte beanspruchen universale Geltung, d.h. sie sollen für jeden Menschen gelten, unabhängig davon, in welchem rechtlichen Verhältnis er/sie zu dem Land steht, in dem er/sie sich aufhält.

An die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) knüpften zwei wichtigen UN-Vertragspakte an, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR, sog. Zivilpakt) sowie der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR, sog. Sozialpakt) von 1966 (beide in Kraft seit 1976), die zusammen die Internationale Menschenrechtscharta bilden (hierzu weiter →  Amnesty International und Wikipedia).

Vorbefassungsverbot – Tätigkeitsbeschränkungen für Mediatoren

Mediatoren sind laut Gesetz (bzw. besser „müssen sein“) unabhängige und neutrale Personen ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führen (vgl. § 1 Abs. 2 MediationsG). Sind die Mediatoren gegenüber auch nur einer Konfliktpartei nicht völlig unabhängig (z.B. Abhängigkeitsverhältnis, vertragliche oder soziale Verpflichtung) so dürfen sie in diesem Fall nicht tätig werden. Entsprechendes gilt, wenn sie in ihrem professionellen Setting im Hinblick auf ein Mediationsverfahren nicht unabhängig sind, also z.B. Vorgaben des Arbeitsgebers/Anstellungsträger (insb. Einigungsquoten) zu erfüllen haben.

Weitere sog. Tätigkeitsbeschränkungen von Mediatoren regeln § 3 Abs. 2 – 4 MediationsG. Danach darf als Mediator nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache in einer anderen als der Mediatorenrolle für eine Partei tätig gewesen ist (§ 3 Abs. 2 Satz 1 MediationsG, sog. Vorbefassungsverbot). Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden (§ 3 Abs. 2 Satz 2 MediationsG).

Der Grund ist Folgender: Mediatoren dürfen nicht in Gefahr geraten, ihre Allparteilichkeit (§ 2 Abs. 3 MediationsG) und das u. a. damit zusammenhängende Vertrauen der Parteien aufs Spiel zu setzen. Deshalb dürfen sie zu den Parteien nicht gleichzeitig in einem Beratungskontext stehen. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob diese Beratung eher psychosozialer, rechtlicher, betriebswirtschaftlich, steuerrechtlicher oder sonstiger Natur ist oder wie diese Beratungsform bezeichnet wird, ob als Coaching, Klärungshilfe, Prozess- oder Unternehmensberatung. Es verbieten sich deshalb nicht nur die gleichzeitige Rechtsberatung und Mediation (→ Mediation und Rechtsberatung) insb. durch Rechtsanwälte, sondern auch die von (Unternehmens- und Organisations-)Berater*innen und Coachs durchgeführten Konfliktvermittlungen im Hinblick auf die in einer Beratung der Unternehmensleitung/Geschäftsführung/Personalentwicklung bzw. einem Coaching einer Führungskraft oder in einem Workshop eines Teams in der konkreten Sache zutage tretenden Konflikte, weil (wenn und soweit) man mit diesen bereits in einem Beratungskontext verbunden und verpflichtet ist. Ebenso sind die in der Praxis bestehenden „Arrangements“ und Strukturen öffentlicher Träger unzulässig, in denen die Mitarbeiter*innen Mediation neben anderen Aufgaben „nebenher“ durchführen, ohne dass eine Trennung von parteilicher, interessengeleiteter Beratung und allparteilicher Mediation in der Angelegenheit gewährleistet wäre (z. B. Beratung und Mediation durch dieselben Mitarbeiter*innen einer Behörde). Das Vor-, Während- und Nachbefassungsverbot lässt sich auch nicht dadurch umgehen, dass man die vermittelnde Tätigkeit in Konflikten statt als Mediation als „Coaching“, „Klärungshilfe“, (Konflikt-)“Moderation“ oder was auch immer bezeichnet (→ funktionaler Mediatorenbegriff).

Nach § 3 Abs. 3 MediationsG darf eine Person auch dann nicht als Mediator tätig werden, wenn eine mit ihr in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundene andere Person vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Allerdings können die betroffenen Parteien hiervon im Einzelfall nach umfassender Information eine Ausnahme machen. In diesem Fall gilt die Tätigkeitsbeschränkung nach Abs. 3 nicht – sofern Belange der Rechtspflege dem nicht entgegenstehen. Im Fall von § 2 Abs. 2 MediationsG, ist eine Ausnahme nicht zulässig. D.h. wer bereits selbst in einem Konflikt in einer anderen Beratungsfunktion tätig war, darf in dieser Sache nicht als Mediator tätig sein, selbst wenn die Parteien damit einverstanden wären.

Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – Expertenanhörung

Die Bundesregierung hatte am 27.5.2015 einen Gesetzentwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) verabschiedet, mit dem sie die EU-Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten in nationales Recht umsetzen will (hierzu siehe → hier). Die Umsetzungsfrist endete eigentlich bereits am 09.07.2015.

Am 30.9.2015 nahmen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sieben Sachverständige zu dem von Bundesregierung und Regierungskoalition vorgelegten Entwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz Stellung.
Die einzelnen Stellungnahmen finden Sie  → hier

Eine Kurzzusammenfassung der Stellungnahmen finden Sie im Newsletter 42146 der Centrale für Mediation

Weitere Informationen zum derzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens finden Sie → hier

Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen

Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten in ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz bestehen zwischen der Bundesregierung und den Ländern in wesentlichen Punkten Meinungsunterschiede, vor allem im Hinblick auf die Zuständigkeit für die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen sowie einer Universalschlichtungsstelle. Der Bundesrat hält insoweit eine auf Bundesebene angesiedelte Zuständigkeit für zwingend notwendig, um eine einheitliche Praxis im Zulassungsverfahren zu garantieren. Demgegenüber ist nach Auffassung der Bundesregierung eine Zuständigkeit nicht notwendig. Vielmehr sei es den Ländern unbenommen, eine gemeinsame Universalschlichtungsstelle zu etablieren.

Quelle:  heute im bundestag Nr. 424 – 28.8.2015; BT-Drs 18-5760

Zum Entwurf eines Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (Quelle: Bundesregierung; PM 27.05.2015).

Beschwerdestelle für Mediation in den Niederlanden

Die niederländische Mediatorenvereinigung (MfN) hat bereits vielen Jahren eine Beschwerdesystem eingerichtet, um Kunden/Medianden eine unabhängige Anlaufstelle zu bieten und die Qualität der Mediation zu verbessern. Ist eine Partei eines Mediationsverfahrens, das von einem beim MfN registrierten Mediator durchgeführt wurde, mit dem Verfahren und insb. der Vorgehensweise der Mediatoren unzufrieden, kann sie innerhalb von zwölf Monaten nach Beendigung des Mediationsverfahrens eine schriftliche Beschwerde beim MfN einreichen.

Im Jahr 2014 kam es so insgesamt zu 82 Beschwerden. Die meisten Beschwerden betrafen Mediationen in den Bereichen Familie (49 Fälle) und Arbeit (12 Fälle). Im Bezug auf die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mediation gab es hauptsächlich Beanstandungen hinsichtlich der Person des Mediators und seiner Kompetenz, aber auch über unzureichende Transparenz und Vertraulichkeit sowie über die Abrechnung der Mediation.

Contact Stichting Kwaliteit Mediators (SKM) Westblaak 150 3012 KM Rotterdam

Quelle: Mediatorsfederatie Nederland; Newsletter der Centrale für Mediation v. 26.08.2015

Mediatorenkrankheiten

Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum eine Mediation scheitern kann. Nicht alle haben etwas mit dem Verhalten der Mediatoren zu tun, doch soll an dieser Stelle auf einige „typische Fehler“ und Fallstricke hingewiesen werden. Eine verbreitere Mediatorenkrankheit ist es, die „objektive Wahrheit“ zu suchen, zu ermitteln statt mit den (konstruierten) Geschichten der Parteien zu arbeiten, die eigene Sichtweise für objektiv zu halten und von eigenen Werten und Maßstäben auszugehen, aufgrund von Einzelgesprächen Informationen selektiv (nicht) weiterzugeben, sich in eigene (Lösungs-)Ideen zu verlieben und „offenkundige“ Lösungen vorzuschlagen statt die Verantwortung bei den Betroffenen zu belassen.

Von manchen, besonders engagierten Mediatoren (insb. mit psychosozialer Ausbildung) hört man gelegentlich, sie wüßten sehr gut um die Sorgen und Nöte der Beteiligten in Konflikten, weshalb sie ihnen beratend helfen wollen und sie legitimiere, aus Vorgesprächen erhaltene Informationen gut dosiert zu verwenden. Von hier ist es nicht weit zur Manipulation der Parteien, nicht selten, um hohe Einigungsquoten vorweisen zu können. Vor allem Personen, die gewohnt sind, Entscheidungen zu treffen, fällt es sehr schwer, die in der Ausbildung vermittelten Kenntnisse in praktisches Handeln umzusetzen und den Parteien Zeit zu lassen, um geduldig die hinter den Positionen liegende Interessen herauszuarbeiten. Als Mediatoren tätige Juristen berichten in Supervisionen und Fallreflexionen regelmäßig, dass es aus ihrer Sicht aufgrund ihrer bisherigen beruflichen Ausbildung und Sozialisation am schwierigsten ist, die rechtliche Perspektive nicht in den Vordergrund zu rücken, keine (inhaltlichen) Lösungsvorschläge zu machen und insgesamt eine mediative Grundhaltung zu entwickeln, aus denen ein solches Handeln fließt. Demgegenüber täuschen sich manche Anwaltsmediatoren immer wieder selbst, wenn sie davon ausgehen, rechtliche Bewertungen und Mediatorenrolle trennen zu können. Mehr lesen »