ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

Ausbildungsverordnung für zertifizierte Mediatoren erlassen!

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat auf Grundlage von § 6 MediationsG am 21.08.2016 die Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV) erlassen (veröffentlicht am 31.08.2016 im Bundesgesetzblatt, Teil  I, Nr. 42). Sie regelt insb. die (quantitativen und qualitativen) Mindeststandards der Aus- und Fortbildung von („zertifizierten“) Mediatoren. Als sog. „zertifizierter Mediator“ darf sich nur bezeichnen, wer eine entsprechende Ausbildung absolviert hat. Die ZMediatAusbV tritt allerdings erst am 1.September 2017 in Kraft und erst ab dann darf die Bezeichnung „Zertifizierte/r Mediator*in“ verwendet werden – vorausgesetzt, die Bedingungen werden tatsächlich auch erfüllt. Für bereits ausgebildete Mediatoren wurden in § 7 ZMediatAusbV Übergangsbestimmungen geschaffen.

Wie bereits in dem im Januar 2014 vorgelegten Entwurf ist nach § 2 Abs. 4 ZMediatAusbV eine (Grund-)Ausbildung im Umfang von 120 Zeitstunden erforderlich. Gegenüber der Entwurfsfassung enthält die nun veröffentlichte ZMediatAusbV aber einige wesentliche Konkretisierungen und Änderungen: So präzisiert der jetzige Verordnungstext den Umfang des Ausbildungslehrgangs auf mindestens „120 Präsenzzeitstunden“. Die Ausbildung kann deshalb nicht durch ein reines Fern- und Selbststudium oder durch Online-Module durchgeführt werden. Notwendig ist die Ausbildung in einer Ausbildungseinrichtung nach § 5 ZMediatAusbV unter Anleitung eines quaifizierten Lehrtrainers/Ausbilders. Mehr lesen »

EU beklagt mangelnde Fortschritte bei der Förderung der Mediation in den europäischen Mitgliedstaaten

Am 28.8.2008 erliesen das Europäische Parlaments und der Rat der EU die Richtlinie über
bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (2008/52/EG – 15003/5/07 REV 5). Diese sollte dazu dienen, den Zugang zur alternativen Streitbeilegung (ADR) in Zivil- und Handelssachen einschließlich des Familienrechts zu vereinfachen und die gütliche Einigung bei Streitigkeiten zu unterstützen, indem der Einsatz von Mediation gefördert und ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Mediations- und Gerichtsverfahren gewährleistet wird. Nun hat die EU-Kommission am 26.08.2016 einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2008/52/EG veröffentlicht. Hierin wird festgestellt, dass das Ausmaß der Auswirkungen der Richtlinie auf die Mitgliedstaaten variiert je nachdem, welche nationalen Mediationssysteme bereits zuvor angewendet wurden. Mehr lesen »

Brexit und grenzüberschreitende Mediation

(Den nachfolgen Beitrag hat unsere Kooperationspartnerin Prof. Dr. Nadja Alexander verfasst)

In the aftermath of the Brexit vote and the appointment of Theresa May as England’s Prime Minister, there are many things to think about and there will be much to negotiate. While some commentators anticipate a U-turn on Brexit, Theresa May has made it clear that “Brexit means Brexit” – whatever that means.
In this post, I want to pay attention to cross-border mediation within the EU and, in particular, the impact Brexit may have on how London is perceived as a venue for cross-border mediation within the EU.

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Was Konflikte kosten

Was Konflikte kosten

Nicht bearbeitete Konflikte kostet viel Geld, nicht nur die offensichtlichen Ausgaben für Rechtsanwälte und Gerichtskosten. Viel schwerer als diese direkten, durch reale Auszahlungsströme verursachten Kosten schlagen die sog. Opportunitätskosten (d.h. entgangene Erlöse durch Nicht-Nutzung von Möglichkeiten) zu Buche sowie – insb. in Unternehmen und Organisationen – die Reibungsverluste und Abstrahleffekte (z.B. Personaleinsatz zur Vorbereitung streitiger Verfahren; mangelnde Abstimmungsprozese zwischen Mitarbeitern im Konflikt; Fehlzeiten durch Krankheit) sowie Folgeschäden für das Unternehmen (z.B. Fluktuation von Mitarbeitenden, Kündigungen bzw. Belastung der Kunden- und Geschäftsbeziehungen). Mehr lesen »

Güterichterverfahren gem. § 278 Abs. 5 ZPO als Gebührenfalle?

Gem. § 278 Abs. 5 ZPO kann das Gericht die Parteien für den Versuch einer gütlichen Einigung vor einen (nicht entscheidungsbefugten) Güterichter verweisen. Eine solche Verweisung ist grundsätzlich auch schon im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren möglich. Welche gebührenrechtlichen Folgen eine Verweisung vor den Güterichter schon im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren haben kann, erörtert der Richter am AG Cloppenburg Benedikt Windau in seinem → ZPO-Blog anlässlich eines aktuellen Beschluss des OLG Naumburg vom 26.01.201612 W 114/15.

Quelle: ZPO-Blog vom 26.06.2016

Mediation und Restorative Justice – Fachliche Standards – Neue Veröffentlichungen

 

Die Diskussion über die fachlichen Standards der Konflitvermittlung/Mediation insb. in auch strafrechtlich relevanten Konflikten (→ Restorative Justice; → Täter-Opfer-Ausgleich) ist seit einiger Zeit im Gange. Mitunter versuchen sich Teile der Praxis diesen Standards zu entziehen, z.T. mit dem Argument, das Mediationsgesetz sei in diesem Arbeitsfeld überhaupt nicht anwendbar. Eine solche rechtswidrige Praxis unterläuft nicht nur die verbraucherschützenden Verfahrensstandards des Mediationsgesetzes, sondern widerspricht auch den verbindlichen Regelungen der EU-Opferschutzrichtlinie.  Hierzu sind unlängst zwei Beiträge aus dem SIMK veröffentlicht worden:

  • Vermittlung in strafrechtlich relevanten Konflikten – Fachliche Standards unter Berücksichtigung des Mediationsgesetzes und der EU-Opferschutzrichtlinie (zusammen mit A.Hartmann); Neue Justiz 8/2016, S. 325 – 333.
  • Mediation und Täter-Opfer-Ausgleich. Wesensmerkmale und fachliche Standards; Zeitschrift für Konfliktmanagement 1/2016, 4 – 8.

 

Unternehmensnachfolge-Konfliktprävention – Mediation kann helfen

In vielen Familienunternehmen stehen Generationswechsel an, doch gerade der besonders aktiven Gründungsgeneration fällt es nicht selten schwer, an das Beenden der eigenen Führungsrolle in der (operativen) Leitung des Unternehmens zu denken, sei es weil man noch aktiv gestalten will, aus Sorge an Einfluss zu verlieren oder in ein „Nichts“ und ein langweiliges Pensionärsleben zu fallen,  oder sei es zur Vermeidung von Steit in der Familie oder der Befürchtung, bereits bestehende, ungelöste Familienkonflikte könnten weiter eskalieren. Gedanken an die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Regelung der Nachfolge werden gern verdrängt. So verzichten die Unternehmensgründer, die gewohnt sind, die wesentlichen Unternehmensentscheidungen selbst zu treffen, häufig darauf, frühzeitig – also insbesondere noch zu Lebzeiten – die Weichen zur und unter Einbindung der künftigen Führungsgeneration zu stellen. Erkrankt der Firmengründer dann unerwartet, stirbt er oder sie gar oder kann aus anderen Gründen das Unternehmen nicht mehr selbstbestimmt leiten, kommt es zwischen den Nachfolgern, den Erben und in der Familie sehr häufig zu massiven Konflikten, die den Bestand des Unternehmens gefährden. In nicht wenigen Fällen haben wir festgestellt, dass für die Zukunft des Unternehmens wichtige Entscheidungen untunlich verschoben oder aufgrund von wechselseitiger Blockade in den Unternehmensgremien und der Familie nicht getroffen wurden.

Die Klärung der Nachfolge ist eine der bedeutendsten Aufgaben spätestens im dritten Drittel der eigenen Unternehmertätigkeit. Mediation kann hier helfen, ist es doch nicht nur ein konstruktives Verfahren zu Regelung aktueller Konflikte, sondern vortrefflich zur vorausschauenden, d.h. Konflikte vermeidenden bzw. frühzeitig lösenden Regelung offener Entscheidungssituationen geeignet.

Fragen und Aspekte im Hinblick auf eine Unternehmensnachfolge

Im Hinblick auf die zu regelnden Fragen ist im Hinblick auf eine Unternehmensnachfolge charakteristisch, dass hier die Bereiche Familie, Eigentum/Vermögen und Unternehmen verknüpft sind, die sich sehr häufig wechselseitig beeinflussen und gerade deshalb einer besonderen Dynamik unterliegen. Die (Konflikt-)Beteiligten treten dabei in unterschiedlichen Rollen auf, als Unternehmensgründer, als Anteilseigner, als im Unternehmen tätiges oder eben nicht tätiges Familienmitglied, als Angehöriger oder Ehepartner, o.a. Wirtschaftliche, rechtliche wie familiäre und zwischenmenschlich Fragen müssen geklärt werden, z.B.:

  • Wann ist der „richtige“ Zeitpunkt für die Übergabe der Verantwortung?
  • Welche Rollen sollen die bisherige Unternehmensführer nach der Übergabe spielen?
  • Wie soll deren wirtschaftliche Absicherung geregelt werden?
  • Welche Lebensplanung verfolgt die Nachfolgegeneration?
  • Nachfolge durch Familienmitglieder oder Fremdmanagement?
  • Wie gehen die Übergeber mit neuen Ideen der Übernehmer um, in welcher Weise wird das vom Übergeber Geleistete wertgeschätzt?
  • Wie kann ein fairer Ausgleich innerhalb der Familie im Hinblick auf das Vermögen und Erbe unter Berücksichtigung der Unternehmensentscheidung gefunden werden?

Vielfach kommen bislang unausgesprochene Themen auf den Tisch, es werden auch sog. Beziehungsfragen, familiäre Themen oder frühere Konflikte thematisiert ebenso wie Fragen der Fairness und Gerechtigkeit. Gerade im Überschneidungsbereich von Unternehmen und Familiensystem bedarf es deshalb neben einer umfassenden steuerrechtlichen Beratung eines vertrauensvollen, allparteilichen und feinfühligen Klärungsprozesses, um die ggf. unterschiedlichen Sichtweisen und Interessen der Familienmitglieder zu einem Ausgleich zu bringen und das Unternehmen zukunftssicher zu machen.

Im Hinblick auf die Nachfolgeregelung stellt sich für die Gründergeneration z.B. die Frage, ob es eigene Kinder, Verwandte oder Angehörige gibt, denen die Führung des Unternehmens anvertraut werden kann, oder ob ggf. ein Fremdmanagement durch einen Geschäftsführer die bessere Lösung wäre. Eine familieninterne Unternehmensnachfolge ist also nicht nur eine Frage der Erhaltung des Familienvermögens, sondern auch eine Frage des Vertrauens in die Kompetenz und Ziele der Nachfolger. Diese werden wiederum mit Erwartungen der Gründergeneration konfrontiert oder haben den Eindruck, dass ihre Vorgänger nicht loslassen wollen oder können und immer wieder in die Leitung oder gar das operative Geschehen des Unternehmens eingreifen (wollen). Aber auch zwischen den (potentiellen) Erben kommt es nicht selten zu Konkurrenzen, Misstrauen und Konflikten. Das sind nur einige Aspekte, die – wenn nicht kommuniziert und konstruktiv unbearbeitet – den Stoff für heftige Konflikte in der Familie und dem Unternehmen liefern.

6 Regeln zur erfolgreichen Mediation der Unternehmensnachfolge

  • Schaffen einer konstruktive und vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre – Klärung mit Empathie und Respekt: Wichtig ist, das sich alle Beteiligten gehört und wertgeschätzt fühlen. Während des gesamten Verfahrens ist es wichtig, dass die Mediatoren als unbefangen, unparteiisch und allparteilich erlebt werden.
  • Strukturgebung und Sammeln aller für die Beteiligten wesentlichen Fragen. Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess sowohl in wirtschaftlicher, rechtlicher wie familiärer Hinsicht. Jedes Thema ist wichtig und eine befriedigende Lösung berücksichtigt die Fragen und Interessen aller Beteiligten.
  • Exploration und Klärunghilfe: Umfassender Austausch und zuverlässige Information: Gerade im Hinblick auf den möglichen Erbfall, die wirtschaftlichen Werte und deren Verteilung ist es für eine befriedigende Lösung erforderlich, dass die Beteiligten zuverlässige und umfassende Informationen über die Vermögenssituation erhalten.
  • Getrennte Behandlung der Themenbereiche bevor eine ganzheitliche Lösung in Sicht ist. Was für das Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein mag, muss aus familiensystemischer Sicht nicht passend sein. Wichtig ist es, zunächst für jeden Bereich eigene, angemessene Bewertungsmaßstäbe zu entwickeln und dann im Hinblick auf eine von allen als fair erlebte Gesamtlösung auch die mitunter unterschiedlichen Gerechtigkeitsvorstellungen zu thematisieren.
  • Aktives Zuhören: Mediatoren bemühen sich um ein vertieftes Verständnis aller Sichtweisen, der Sorgen und Befürchtungen aber auch der Wünsche der Beteiligten und Betroffenen. Durch ihre spezifische Fragemethodik unterstützen sie die Beteiligen, sich über ihre eigenen Interessen klar zu werden sowie wechselseitig ein besseres Verständnis für einander zu entwickeln.
  • Zeit: Gute, interessensgerechte und nachhaltige Lösungen zum Erhalt und zur Fortentwicklung Ihres Unternehmens lassen sich nicht übers Knie brechen und gerade die Unternehmensnachfolge betrifft zahlreiche und komplexe Fragen. Lassen Sie sich von niemanden einreden, solche Lösungen seien (insb. durch Berater) schnell zu finden. Gute Unternehmensberater, Steuerberater und Rechtsanwälte können die Beteiligten in diesen Fragen zwar im Besten Fall gut (aber nicht unparteiisch!) beraten, die richtige Entscheidung können Sie aber nur gemeinsam mit der Nachfolgegeneration einvernehmlich regeln. Allparteiliche Mediatoren können Sie in diesem  Klärungsprozess unterstützen.

Literatur: Mediation beim Generationenwechsel im Familienunternehmen, E. Hubner in Trenczek et al. Handbuch Mediation und Konfliktmanagement; Baden-Baden 2013, Kap. 5.4, S. 517 – 521 (2. Aufl. 2017, Kap. 5.5).