ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

EuGH verbietet Schiedsklauseln in Investitionsabkommen

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat in einemaktuellen Urteil vom 6.3.2018 – C 284/16 entschieden, dass EU-Staaten keine Schiedsklauseln nutzen dürfen, um Streitigkeiten über Investitionen zu klären, mit denen eine Kontrolle durch staatliche Gerichte ausgeschlossen wird. Das ist mit EU-Recht nicht vereinbar.  Nur staatliche Gerichte können in solchen Konfliktfällen die volle Wirksamkeit des EU-Rechts gewährleisten. Investoren aus EU-Staaten müssen damit künftig auf private Schiedsgerichte verzichten, sofern sich ihre Klage gegen einen anderen EU-Mitgliedstaat richtet.

Der konkret vom EuGH entschiedene Fall betraf ein Investitionsschutzabkommen zwischen der Slowakei und den Niederlanden. Das Urteil dürfte allerdings  weitreichende Folgen für die andere anhängige Schiedsverfahren unter Beteiligung von EU-Staaten sowie auf die geplanten und z.T. unter Einbeziehung solcher Schiedsklauseln ausgehandelten Freihandelsabkommen (z.B. CETA) haben (hierzu ausführlich Dt. Bundestag: Ausarbeitung „Das Urteil des EuGH vom 6. März 2018 in der Rs. C-284/16 (Slowakische Republik/Achmea BV) und seine Auswirkungen auf CETA und den multilateralen Investitionsgerichtshof„)

Quelle: EuGH Urteil v. 6.3.2018 – Rs.: C – 284/16; siehe auch Newsletter der Centrale für Mediation vom 12.03.2018

Haftung von „Anwaltsmediatoren“ – Anm. zu BGH v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17

– und nochmals ein Beitrag zur Abgrenzung von Mediation und Rechtsberatung

Der BGH hat in seiner unlängst veröffentlichten Entscheidung (BGH v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17) die Verurteilung einer Mediatorin zu rund 32.000 Euro Schadensersatz bestätigt, weil sie in einem Verfahren auf einvernehmliche Ehescheidung die tatsächlichen Grundlagen für etwaige Versorgungsausgleichsansprüche nicht ermittelt und die von ihr für die Vertretung der Eheleute eingesetzten Rechtsanwälte nicht zutreffend und umfassend informiert habe.

Leitsätze des Urteils:

  • Übernimmt es der anwaltliche Mediator, einvernehmliche rechtliche Lösungsvorschläge zu entwickeln, kann eine Rechtsdienstleistung vorliegen; die Haftung des Mediators bestimmt sich dann regelmäßig nach den Maßstäben der Anwaltshaftung.
  • Ein anwaltlicher Mediator, der von Eheleuten zu dem Zweck beauftragt wird, mit ihnen eine einverständliche Scheidungsfolgenvereinbarung auch über den Versorgungsausgleich zu erarbeiten, ist einem Ehegatten wegen des Verlusts des Versorgungsausgleichs zu Schadensersatz verpflichtet, wenn er die für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Tatsachen nicht feststellt und der von ihm nicht ordnungsgemäß unterrichtete Rechtsanwalt des geschädigten Ehegatten in dem Ehescheidungsverfahren einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich erklärt.

Dieses Urteil hat heftige Kritik ausgelöst, nicht im Hinblick auf das Ergebnis – die Haftung der sich als Mediatorin und „Schlichtungsstelle“ bezeichnenden Anwältin für einen bei ihrer Mandantin eintretenden Schaden wird allseits für richtig bewertet, da sie diesen durch eine fehlerhafte Rechtsdienstleistung rechtswidrig und zurechenbar verursacht hat – sondern im Hinblick auf die von BGH verwendete Terminologie im Hinblick auf die von der Anwältin geschuldeten Dienstleistung. Irritiert hat mich z.B. der lapidare Hinweis „Soweit die Beklagte rechtliche Lösungsvorschläge entwickelte, war sie als anwaltliche Mediatorin zu einer solchen Rechtsdienstleistung berechtigt“, ohne dass sich der BGH mit der zugrundeliegende Frage und Abgrenzung zwischen allparteilicher Mediation und Rechtsberatung auseinander gesetzt und insoweit die aktuelle Kommentierung/Fachliteratur (zB. Greger § 2 Rn 185 ff m.w.Nw.; Trenczek im Handbuch Mediation & KM Kap. 1.1 und 4.1) ausgewertet bzw. die Grenzen der für Anwälte/Anwaltsmediatoren erlaubten rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert hätte.

Auf der Grundlage des Mediationsgesetz (2012) müssen Rechtsberatung und Mediation ausdrücklich gegeneinander abgegrenzt werden: „Von der Rechtsberatung unterscheidet sich die Mediation insbesondere insoweit, als im Mediationsverfahren zwar das Recht als ein wesentlicher Orientierungspunkt für mögliche Konfliktlösungen erörtert werden kann, eine konkrete rechtliche Beratung über die dem Konflikt zugrundeliegenden Rechtsfragen jedoch nicht erfolgen darf“ (BT-Drs. 17/5335, 10; hierzu ausführlich → Mediation und Rechtsberatung). Zuletzt hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) dies nochmals eindeutig betont indem es auch in der ZMediatAusbV im Hinblick auf den „Inhalt des Ausbildungslehrgangs“ ausdrücklich auf die „Abgrenzung von zulässiger rechtlicher Information und unzulässiger Rechtsberatung in der Mediation durch den Mediator“ hingewiesen hat. Das sollten Mediatoren in der Praxis nicht vergessen, selbst wenn Sie Rechtsanwälte oder andere Volljuristen sind.

Um Missverständnisse zu vermeiden: im Ergebnis ist die Entscheidung des BGH ebenso wenig zu kritisieren wie für manchen anderen Merksatz, z.B.: „Eine Pflichtverletzung des Mediators liegt vor, wenn seine Tätigkeit dem vereinbarten Leistungsstandard nicht entspricht. Im Falle einer Pflichtverletzung haftet der Mediator und schuldet Schadensersatz.“ Mediation ist kein Wischi-Waschi oder ein meditativer (!) Gesprächskreis mit Klangschalen und Räucherstäbchen (leider wird Mediation auch 5 Jahre nach Inkrafttreten des MediationsG mancherort immer noch mit Meditation verwechselt), auch wenn manche Vermittlungsangebote in der Praxis offenbar diesen Anschein erwecken. Mediation ist ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und fachlichen Standards basierendes systematisches Verfahren konstruktiver Konfliktregelung, bei dem zwei oder mehrere sich streitende Parteien mit Hilfe unparteiischer Dritter („Mediatoren/Vermittler) einvernehmliche Regelungen suchen. Mediatoren unterstützen die Parteien dabei, ihre Interessen zu erkennen und zu artikulieren, Lösungsoptionen zu erarbeiten, die Entscheidung selbst liegt aber ausschließlich in den Händen der beteiligten Parteien. Mediatoren dürfen den Streitgegenstand weder (rechtlich, betriebswirtschaftlich, psycho-sozial, …) bewerten noch Lösungsoptionen vorschlagen (zu Aufgaben, Funktionen und der Rolle von Mediatoren → Trenczek in Handbuch Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.12, 2017, 182 ff.). Legitimation und wachsende Akzeptanz kann Mediation nur erhalten, wenn die fachlichen Standards verbindlich beschrieben und deren Einhaltung auch überprüft und eingefordert werden (vgl. hierzu → Zukunft der Mediation).

Ausführlich zum Urteil des BGH und der Kritik

Zukunft der Mediation – Interview mit Prof. Trenczek

In der aktuellen Ausgabe Okt./2017 von „Mediation aktuell“ des Metzner Verlags sowie des Spektrums der Mediation ist ein Interview mit Prof. Trenczek zum Thema .: »Quo vadis, Mediation?- Zukunft der Mediation“ erschienen, in dem insb. der internationale Vergleich über Konsequenzen und Strategien zur Förderung der Mediation diskutiert werden.  Das Interview steht hier auch zum Download (Trenczek_Zukunft der Mediation_Mediation aktuell-Okt2017) zur Verfügung.

 

Supervision und Einzelsupervision für Mediatoren insb. nach der ZMediatAusbV

Mit Inkrafttreten der ZMediatAusbV am 1.9.2017 (→ hierzu vgl. den Beitrag vom 31.08.2017) hat auch die Supervision zur Qualitätssicherung für Mediator*innen an Bedeutung gewonnen. Nach § 2 Abs. 5 ZMediatAusbV müssen Ausbildungsteilnehmer während der Mediationsausbildung oder innerhalb eines Jahres nach deren Beendigung an einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator*in oder Co-Mediator*in durchgeführte Mediation teilgenommen haben. Damit sind sowohl die Durchführung eines praktischen Mediationsfalles als auch die Teilnahme an einer Einzelsupervision notwendige Voraussetzung für die Selbstzertifizierung nach der ZMediatAusbV.

Schon bislang müssen die Ausbildungsgänge nach den Kriterien der Bundesfachverbände (BMWABMWA Standards 2016, BAFM, BM und DGM) über eine die Ausbildung begleitende Supervision verfügen. Nun ist sie auch zwingende Voraussetzung für die Aus- und Fortbildung für selbst „zertifizierte Mediatoren“. Insgesamt müssen diese mindestens 5 von ihnen selbst durchgeführte (Co-)Mediationen supervidieren lassen. Schon im Rahmen der Ausbildung (begleitend oder innerhalb eines Jahres nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung) ist zumindest eine Einzelsupervision erforderlich (§ 2 Abs. 5 ZMediatAusbV). Zur Fortbildung muss der zertifizierte Mediator innerhalb von zwei Jahren nach Ausbildungsabschluss mindestens vier Einzelsupervision wahrnehmen (§ 4 Abs. 1 ZMediatAusbV). Mehr lesen »

Handbuch Mediation und Konfliktmanagement 2.Aufl. 2017 soeben erschienen

Das von Prof. Trenczek herausgegebene Handbuch Mediation und Konfliktmanagement ist gerade in der 2. Auflage 2017 (ISBN 978-3-8487-2948-7) erschienen.

Das Praxishandbuch hat eine sehr positive Aufnahme in der Fachöffentlichkeit gefunden und wird von führenden Mediationsverbänden empfohlen:
»… ein beachtenswertes Grundlagenwerk, das sowohl zur Begleitung in der Ausbildung
als auch als Nachschlagewerk in der Praxis eingesetzt werden kann.« (Dr. Karl Heinz Blasweiler, Mediator)
»Anschaffung vorbehaltlos zu empfehlen.« (Christoph Strecker, Betrifft JUSTIZ)
»Als Lehrbuch wie Nachschlagewerk gehört es auf den Schreibtisch jeder Mediator/in und all derer, die mit Konfliktmoderation im weitesten Sinne befasst sind.« (Petra Rechenberg-Winter, socialnet.de) 
»vielseitig, aktuell und kritisch und enthält jede Menge Denkanstöße und
Beiträge zur vertieften Auseinandersetzung auch für gestandene Mediatoren.« (RAin Dr. Angelika Peschke, NJW)

weitere Informationen: Nomos-Flyer Trenczek et al Handbuch Mediation & KM (2.Auflage 2017)

ZMediatAusbV – Inkrafttreten nicht ausgesetzt – Zur Problematik des Begriffs „zertifizierter Mediator“

Mit einem gemeinsames Schreiben vom 23.06.2017 haben sich die Vorstände der Mediationsverbände BAFM, BM, BMWA, DGM und DFfM an Bundesjustizminister Heike Maas gewandt mit der Bitte, das Inkrafttreten der ZMediatAusbV vorerst auszusetzen. Lesen Sie hier weiter → gemeinsames Schreiben der Mediationsverbände an Bundesjustizminster Maas vom 23.06.2017.

Dieser Bitte ist nicht entsprochen worden. Mit → Antwortschreiben vom 21.07.2017 hat Bundesjustizminister Maas geantwortet, zwar Verständnis für die Kritik der Mediationsverbände geäußert, er schloss aber mit Hinweis auf die Regelungen des Mediationsgesetzes in der jetzigen Fassung eine grundlegende Änderung des Zertifizierungssystem aus.

Mithin ist nun seit 1.9.2017 die Verwendung des Begriffs „zertifizierter Mediator“ zulässig. Zur Problematik des → Begriffs und der damit verbundenen →“Selbstzertifizierung„.  Der Begriff „zertifizierter Mediator“ verdeckt, dass damit nur ein unteres B-Qualifikationsniveau auf dem „kleinsten gemeinsamen Nenner“ verbunden ist. Demgegenüber gibt es bereits jetzt eine durch die Zertifizierung nach den Standards der Fachverbände nachgewiesenes Qualifikationsniveau A, das die Anforderungen, die an den „zertifizierten Mediator“ gestellt werden, bei Weitem übertrifft (u.a. mind. 200 Std. Ausbildung mit spezifischen Lehrinhalten und Übungsformen, Praxisnachweis und Abschlusskolloquium).

Auswirkungen des Mediationsgesetzes

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat zur Umsetzung des § 8 Abs. 1 MediationG das Deutsche Forschungsinstitut für die öffentliche Verwaltung in Speyer mit einer rechtstatsächlichen Studie beauftragt, die am 14.06.2017 vorgelegt und nun veröffentlicht wurde.

Die Studie ist die erste flächendeckende empirische Untersuchung über die Nutzung von Mediation in Deutschland (hierzu s. bereits Trenczek in Spektrum der Mediation, Nr. 37, I/2010, S. 4 ff sowie Handbuch Mediation und Konfliktmanagement, 2. Aufl. 2017, Kap. 1.2). Er zeigt nach Ansicht der AutorInnen, dass Mediation als alternatives Instrument der Konfliktbeilegung in Deutschland einen festen Platz in der Streitbeilegungslandschaft einnehme, allerdings noch nicht in einem Maße genutzt werde, wie es wünschenswert wäre. Das Potential der Mediation sei noch nicht voll entfaltet. Der Bericht kommt insb. zu folgenden Ergebnissen:
1. Die Zahl der durchgeführten Mediationen ist auf einem gleichbleibenden niedrigen Niveau. Die Mediationen konzentrieren sich dabei überwiegend auf einige wenige Mediatoren.
2. Die Mediationstätigkeit bietet nur geringe Verdienstmöglichkeiten. Viele Mediatoren sind in der Ausbildung tätig.
3. Während die Mediationskostenhilfe von den Mediatoren als bestes Instrument zur Förderung der Mediation gehalten wird, rät der Bericht jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer allgemeinen, bereichsunabhängigen Regelung zur Mediationskostenhilfe ab.
4. Die Vollstreckbarkeit von Mediationsvereinbarungen wird von den Mediatoren im geringsten Maße als weiterführendes Instrument zur Förderung der Mediation erachtet. Für eine Sonderregelung zur Vollsteckbarmachung von Mediations(ergebnis)vereinbarungen sieht auch der Bericht keinen Bedarf.
5. Die Zertifizierung von Mediatoren, wie sie derzeit ausgestaltet ist, hat für die Nutzer wenig Relevanz. Inwieweit ein einheitliches öffentlich-rechtliches Zertifizierungssystem dies zu ändern vermag, ist empirisch nicht belegbar.

Der vollständige Bericht steht über die Internetseite des BMJV kostenfrei als → Download zur Verfügung.