Zur aktuellen Flüchtlingsdebatte, der Verrohung der Sprache und Erosion rechtsstaatlicher Grundsätze – für ein Erhalt der Rechsstaatlichkeit!

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat gerade eine aktualisierte Version der Stellungnahme zur Frage der „Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze“ veröffentlicht, die es sehr wert ist, gelesen und zur Kenntnis genommen zu werden. Angesichts der aktuellen politischen Lage, der Verrohung der Sprache in der öffentlichen Debatte und Erosion rechtsstaatlicher Grundsätze in Deutschland und Europa erlaube ich mir an dieser Stelle, ausnahmsweise auf diesen Umstand aufmerksam zu machen und aus dem Fazit zu zitieren, um auf wesentliche Aspekte hinzuweisen, die in der aufgeheizten politischen Debatte zu kurz kommen:

Solange Kriege und gewalttätige Konflikte anhalten, solange die Weltgemeinschaft keine Fortschritte erzielt, die Situation in den betroffenen Ländern zu entschärfen, werden sich zahlreiche Menschen von dort auf den Weg machen, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten. Weil Kriege nicht einfach auf Knopfdruck aufhören, Diktatoren nicht einfach abdanken, haben das Recht auf Asyl und der internationale Flüchtlingsschutz zur Konsequenz, dass die migrationspolitische Steuerung der Aufnahmestaaten Grenzen hat. Das Flüchtlingsrecht schränkt die staatliche Hoheitsgewalt ein. Einer offenen, das internationale Flüchtlingsrecht und die Menschenrechte achtenden Gesellschaft kann und wird es nicht gelingen, die Anzahl aufzunehmender Flüchtlinge auf einem kontinuierlichen Niveau zu regulieren oder gar ständig abzusenken. Das Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse der Aufnahmestaaten, Migration zu steuern und den Schutzinteressen der Flüchtlinge kann nicht einfach aufgelöst werden. …. Würden EU-Mitgliedstaaten wie Deutschland zu Zurückweisungen an der Grenze übergehen, resultierten daraus unübersehbare Gefahren für das ohnehin schon zerbrechliche und kriselnde Europäische Asylsystem. Abgesehen von Verstößen gegen europäisches Recht könnte es innerhalb der EU zu Kettenreaktionen kommen, das heißt, auch andere Mitgliedstaaten könnten Flüchtlinge mehr und mehr ohne Beachtung der Dublin-Verordnung zurückweisen. Die Folge wäre, dass Flüchtlinge innerhalb der EU wahllos hin- und hergeschoben würden, womit massive Menschenrechtsverletzungen einhergingen. Damit wäre auch eine weitere Entsolidarisierung in der EU verbunden, denn die Staaten mit EU-Außengrenzen, wie etwa Griechenland oder Italien, wären noch stärker als bisher in der Verantwortung für die Aufnahme der Menschen und die Durchführung von Asylverfahren.

Die Migration und Zuwanderung nach Europa und Deutschland wird schon deshalb verhindert werden können, ist sie doch mit dem Versprechen von Rechtsstaatlichkeit, (Rechts-)Sicherheit, Achtung der Menschenwürde und demokratischer Verhältnisse verbunden. Diese Sehnsucht wird nicht durch Grenzen, Mauern und Stacheldraht oder gar Internierungslager für Flüchtlinge zerstört, sondern nur mit der Erwartung verbunden werden können, dass alle, die hier friedlich (miteinander) leben wollen, sich an die Rechts- und Werteordnung des Grundgesetzes und der europäischen Gemeinschaft halten, ungeachtet aus welcher kulturellen Tradition, Ethnie oder Religion jemand stammt. Wer hier leben will, hat sich für das Menschenbild und gesellschaftlichen Organisation nach dem Muster des Grundgesetzes zu entscheiden. Parallelgesellschaften oder Traditionen, die unserem „ordre public“ (Begriff aus dem internationalen Recht im Sinne grundlegender inländischer Wertvorstellungen) widersprechen, sind entschieden entgegenzuwirken und nicht mit „falscher Toleranz“ zu begegnen. Das ist keine unangemessene Zumutung, sondern ein rechtstaatliches Versprechen. Integration ist eine wechselseitige Verpflichtung, Integrationsangebote und -bereitschaft sind gleichermaßen erforderlich.

Angesichts der brisanten Lage für Europa und die Rechtsstaatlichkeit, poste ich an dieser Stelle ausnahmsweise zu einem allgemeinpolitischen Thema und bitte alle Kolleg*innen und Kooperationspartner, sich auf allen (privaten, sozialen, politischen) Ebenen für mehr Rationalität in der politischen Debatte einzusetzen sowie mit mir die Bewegung Pulse of Europe sowie die Initiative Für ein Europa der Menschen und der Menschenrechte  zu unterstützen. Setzen Sie ein Zeichen: Für Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde. Against fear, hate and racism – For a Europe of the people and the human rights!