ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

Vertraulichkeit im Mediationsverfahren

Eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches  Mediationsverfahrens ist, dass Sichtweisen, Interessen und sonstige Aspekte und Zusammenhänge, die für eine faire und bedürfnisgerechte Lösung eines Konflikts wichtig sind, im Vermittlungsgespräch offen angesprochen werden können, ohne Angst haben zu müssen, dass sich dies „herumspricht“ oder gar zu negativen Konsequenzen führen könnte.

Nach § 4 MediationsG unterliegen (zunächst nur) die Mediatoren der Schweigepflicht. Deshalb dürfen Sie keine Informationen, die sie in Ausübung ihrer Tätigkeit erlangt haben, an Dritte weitergeben. Das betrifft nicht nur die Inhalte der Gespräche  oder sonst anvertrauter Daten, sondern schon darauf, dass überhaupt ein Mediationsverfahren stattfindet, wer die Parteien sind etc. In unternehmensinternen Konflikten/Mediationsverfahren erstatten Mediatoren dem Unternehmen/der Organisation (sog.  de jure Auftraggeber) auch keinen Bericht über die Gesprächsinhalte. Die Verschwiegenheit besteht auch nach Beendigung des Mediationsverfahrens fort.

Die Verschwiegenheitspflicht korrespondiert mit dem Zeugnisverweigerungsrecht in § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 29 Abs. 2 FamFG, § 98 VwGO, § 118 Abs. 1 SGG). Über ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 StPO verfügen Mediatoren aber grds. nicht. Weitergehende berufsrechtliche Regelungen bleiben hiervon unberührt. Weitergehende Regelungen zur Verschwiegenheit aber auchAusnahmen vom Verschwiegenheitsgebot sind aufgrund von vorrangigen gesetzlichen Regelungen möglich (vgl. z.B. § 138 StGB, datenschutzrechtliche Vorschriften zB. §§ 64, 65 SGB VIII).

Da sich die gesetzliche Regelung zur Verschwiegenheit nur auf die Mediatoren bezieht, ist es wichtig, dass auch  die Konfliktbeteiligten im Mediationsvertrag untereinander die Vertraulichkeit vereinbaren, insb. nicht mit unbeteiligten Personen über das Verfahren und dessen Inhalte zu sprechen.

Einzelgespräche mit den einzelnen Parteien sind sog. partei-vertraulich, d.h. dass von den Mediatoren aus diesen mit den Parteien getrennt geführten Gesprächen, nichts in das gemeinsame Mediationsgespräch eingebracht werden darf.

Die Vertraulichkeitsregelungen sind dispositiv, sie können deshalb zwischen den Beteiligten anders vereinbart und auch die Mediatoren von der Verschwiegenheit entbunden werden. Deshalb bestehen erfahrene Mediatoren darauf, dass in der Mediationsvereinbarung geregelt ist, dass Auftraggeber bzw.  die einzelnen Konfliktbeteiligten darauf verzichten, die Mediatoren als Zeugen in einem gerichtlichen Verfahren benennen.

Quellen und weitere Information: Greger „Schutz des Vertrauens – Vertraulichkeit“ in
Trenczek et al. Handbuch Mediation und Konfliktmanagement  2017, Kap. 4.3

Roland Rechtsreport 2018 unterstreicht Bedeutung der Mediation

Der neue ROLAND RECHTSREPORT 2018 unterstreicht die hohe Bedeutung der Mediation (nachfolgend lesen Sie einen Auszug des Berichts 2018, S. 22 ff.)  :

Auch wenn der Anteil der Bevölkerung, die persönliche Erfahrungen vor Gericht gemacht haben, recht groß ist, wäre es ein Trugschluss anzunehmen, die deutsche Bevölkerung sei besonders prozessfreudig oder ausgesprochen gern vor Gericht. Vielmehr haben bereits die vorangegangenen ROLAND Rechtsreporte zeigen können, wie attraktiv der Bevölkerung alle Formen und Möglichkeiten der außergerichtlichen Einigung erscheinen. Eine Möglichkeit der außergerichtlichen Einigung undeine Alternative zu herkömmlichen Gerichtsverfahren bietet die Mediation. Vereinfacht kann die Mediation als Verfahren beschrieben werden, indem zwei Streitparteien mit Hilfe eines unabhängigen Vermittlers, eines sogenannten Mediators,gemeinsam versuchen, zu einer Konfliktlösung zukommen.

Die Mediation als Instrument der Streitbeilegung ist in Deutschland noch relativ jung. Erst Anfang der 1990er-Jahre wurde dieses Verfahren in Deutschland diskutiert und empirisch evaluiert. Nachdem einige Gerichte bereits ab dem Jahr 2002 Mediationsverfahren angeboten hatten – die jedoch zumeist noch von den Gerichten selbst durchgeführt wurden – etablierte sich die außergerichtliche Mediation spätestens mit dem Inkrafttreten des sogenannten Mediationsgesetzes im Jahr 2012, das erstmals eine umfassende gesetzliche Regelung für die außergerichtliche Mediation bot.

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Kriminalprävention durch Restorative Justice – Evidenz aus der empirischen Forschung

In dem von M. Walsh et al. [Bundesministerium des Innern/Nationales Zentrum für Kriminalprävention] herausgegebenen Handbuch „Evidenzbasierte Praxis in der Deutschen Kriminalprävention – ein Leitfaden für Politik und Praxis“ (Berlin 2018) ist ein neuer Beitrag von Prof. Trenczek und Prof. Hartmann erschienen: Kriminalprävention durch Restorative Justice – Evidenz aus der empirischen Forschung

EuGH verbietet Schiedsklauseln in Investitionsabkommen

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat in einemaktuellen Urteil vom 6.3.2018 – C 284/16 entschieden, dass EU-Staaten keine Schiedsklauseln nutzen dürfen, um Streitigkeiten über Investitionen zu klären, mit denen eine Kontrolle durch staatliche Gerichte ausgeschlossen wird. Das ist mit EU-Recht nicht vereinbar.  Nur staatliche Gerichte können in solchen Konfliktfällen die volle Wirksamkeit des EU-Rechts gewährleisten. Investoren aus EU-Staaten müssen damit künftig auf private Schiedsgerichte verzichten, sofern sich ihre Klage gegen einen anderen EU-Mitgliedstaat richtet.

Der konkret vom EuGH entschiedene Fall betraf ein Investitionsschutzabkommen zwischen der Slowakei und den Niederlanden. Das Urteil dürfte allerdings  weitreichende Folgen für die andere anhängige Schiedsverfahren unter Beteiligung von EU-Staaten sowie auf die geplanten und z.T. unter Einbeziehung solcher Schiedsklauseln ausgehandelten Freihandelsabkommen (z.B. CETA) haben (hierzu ausführlich Dt. Bundestag: Ausarbeitung „Das Urteil des EuGH vom 6. März 2018 in der Rs. C-284/16 (Slowakische Republik/Achmea BV) und seine Auswirkungen auf CETA und den multilateralen Investitionsgerichtshof„)

Quelle: EuGH Urteil v. 6.3.2018 – Rs.: C – 284/16; siehe auch Newsletter der Centrale für Mediation vom 12.03.2018

Haftung von „Anwaltsmediatoren“ – Anm. zu BGH v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17

– und nochmals ein Beitrag zur Abgrenzung von Mediation und Rechtsberatung

Der BGH hat in seiner unlängst veröffentlichten Entscheidung (BGH v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17) die Verurteilung einer Mediatorin zu rund 32.000 Euro Schadensersatz bestätigt, weil sie in einem Verfahren auf einvernehmliche Ehescheidung die tatsächlichen Grundlagen für etwaige Versorgungsausgleichsansprüche nicht ermittelt und die von ihr für die Vertretung der Eheleute eingesetzten Rechtsanwälte nicht zutreffend und umfassend informiert habe.

Leitsätze des Urteils:

  • Übernimmt es der anwaltliche Mediator, einvernehmliche rechtliche Lösungsvorschläge zu entwickeln, kann eine Rechtsdienstleistung vorliegen; die Haftung des Mediators bestimmt sich dann regelmäßig nach den Maßstäben der Anwaltshaftung.
  • Ein anwaltlicher Mediator, der von Eheleuten zu dem Zweck beauftragt wird, mit ihnen eine einverständliche Scheidungsfolgenvereinbarung auch über den Versorgungsausgleich zu erarbeiten, ist einem Ehegatten wegen des Verlusts des Versorgungsausgleichs zu Schadensersatz verpflichtet, wenn er die für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Tatsachen nicht feststellt und der von ihm nicht ordnungsgemäß unterrichtete Rechtsanwalt des geschädigten Ehegatten in dem Ehescheidungsverfahren einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich erklärt.

Dieses Urteil hat heftige Kritik ausgelöst, nicht im Hinblick auf das Ergebnis – die Haftung der sich als Mediatorin und „Schlichtungsstelle“ bezeichnenden Anwältin für einen bei ihrer Mandantin eintretenden Schaden wird allseits für richtig bewertet, da sie diesen durch eine fehlerhafte Rechtsdienstleistung rechtswidrig und zurechenbar verursacht hat – sondern im Hinblick auf die von BGH verwendete Terminologie im Hinblick auf die von der Anwältin geschuldeten Dienstleistung. Irritiert hat mich z.B. der lapidare Hinweis „Soweit die Beklagte rechtliche Lösungsvorschläge entwickelte, war sie als anwaltliche Mediatorin zu einer solchen Rechtsdienstleistung berechtigt“, ohne dass sich der BGH mit der zugrundeliegende Frage und Abgrenzung zwischen allparteilicher Mediation und Rechtsberatung auseinander gesetzt und insoweit die aktuelle Kommentierung/Fachliteratur (zB. Greger § 2 Rn 185 ff m.w.Nw.; Trenczek im Handbuch Mediation & KM Kap. 1.1 und 4.1) ausgewertet bzw. die Grenzen der für Anwälte/Anwaltsmediatoren erlaubten rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert hätte.

Auf der Grundlage des Mediationsgesetz (2012) müssen Rechtsberatung und Mediation ausdrücklich gegeneinander abgegrenzt werden: „Von der Rechtsberatung unterscheidet sich die Mediation insbesondere insoweit, als im Mediationsverfahren zwar das Recht als ein wesentlicher Orientierungspunkt für mögliche Konfliktlösungen erörtert werden kann, eine konkrete rechtliche Beratung über die dem Konflikt zugrundeliegenden Rechtsfragen jedoch nicht erfolgen darf“ (BT-Drs. 17/5335, 10; hierzu ausführlich → Mediation und Rechtsberatung). Zuletzt hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) dies nochmals eindeutig betont indem es auch in der ZMediatAusbV im Hinblick auf den „Inhalt des Ausbildungslehrgangs“ ausdrücklich auf die „Abgrenzung von zulässiger rechtlicher Information und unzulässiger Rechtsberatung in der Mediation durch den Mediator“ hingewiesen hat. Das sollten Mediatoren in der Praxis nicht vergessen, selbst wenn Sie Rechtsanwälte oder andere Volljuristen sind.

Um Missverständnisse zu vermeiden: im Ergebnis ist die Entscheidung des BGH ebenso wenig zu kritisieren wie für manchen anderen Merksatz, z.B.: „Eine Pflichtverletzung des Mediators liegt vor, wenn seine Tätigkeit dem vereinbarten Leistungsstandard nicht entspricht. Im Falle einer Pflichtverletzung haftet der Mediator und schuldet Schadensersatz.“ Mediation ist kein Wischi-Waschi oder ein meditativer (!) Gesprächskreis mit Klangschalen und Räucherstäbchen (leider wird Mediation auch 5 Jahre nach Inkrafttreten des MediationsG mancherort immer noch mit Meditation verwechselt), auch wenn manche Vermittlungsangebote in der Praxis offenbar diesen Anschein erwecken. Mediation ist ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und fachlichen Standards basierendes systematisches Verfahren konstruktiver Konfliktregelung, bei dem zwei oder mehrere sich streitende Parteien mit Hilfe unparteiischer Dritter („Mediatoren/Vermittler) einvernehmliche Regelungen suchen. Mediatoren unterstützen die Parteien dabei, ihre Interessen zu erkennen und zu artikulieren, Lösungsoptionen zu erarbeiten, die Entscheidung selbst liegt aber ausschließlich in den Händen der beteiligten Parteien. Mediatoren dürfen den Streitgegenstand weder (rechtlich, betriebswirtschaftlich, psycho-sozial, …) bewerten noch Lösungsoptionen vorschlagen (zu Aufgaben, Funktionen und der Rolle von Mediatoren → Trenczek in Handbuch Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.12, 2017, 182 ff.). Legitimation und wachsende Akzeptanz kann Mediation nur erhalten, wenn die fachlichen Standards verbindlich beschrieben und deren Einhaltung auch überprüft und eingefordert werden (vgl. hierzu → Zukunft der Mediation).

Ausführlich zum Urteil des BGH und der Kritik

Zukunft der Mediation – Interview mit Prof. Trenczek

In der aktuellen Ausgabe Okt./2017 von „Mediation aktuell“ des Metzner Verlags sowie des Spektrums der Mediation ist ein Interview mit Prof. Trenczek zum Thema .: »Quo vadis, Mediation?- Zukunft der Mediation“ erschienen, in dem insb. der internationale Vergleich über Konsequenzen und Strategien zur Förderung der Mediation diskutiert werden.  Das Interview steht hier auch zum Download (Trenczek_Zukunft der Mediation_Mediation aktuell-Okt2017) zur Verfügung.

 

Supervision und Einzelsupervision für Mediatoren insb. nach der ZMediatAusbV

Mit Inkrafttreten der ZMediatAusbV am 1.9.2017 (→ hierzu vgl. den Beitrag vom 31.08.2017) hat auch die Supervision zur Qualitätssicherung für Mediator*innen an Bedeutung gewonnen. Nach § 2 Abs. 5 ZMediatAusbV müssen Ausbildungsteilnehmer während der Mediationsausbildung oder innerhalb eines Jahres nach deren Beendigung an einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator*in oder Co-Mediator*in durchgeführte Mediation teilgenommen haben. Damit sind sowohl die Durchführung eines praktischen Mediationsfalles als auch die Teilnahme an einer Einzelsupervision notwendige Voraussetzung für die Selbstzertifizierung nach der ZMediatAusbV.

Schon bislang müssen die Ausbildungsgänge nach den Kriterien der Bundesfachverbände (BMWABMWA Standards 2016, BAFM, BM und DGM) über eine die Ausbildung begleitende Supervision verfügen. Nun ist sie auch zwingende Voraussetzung für die Aus- und Fortbildung für selbst „zertifizierte Mediatoren“. Insgesamt müssen diese mindestens 5 von ihnen selbst durchgeführte (Co-)Mediationen supervidieren lassen. Schon im Rahmen der Ausbildung (begleitend oder innerhalb eines Jahres nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung) ist zumindest eine Einzelsupervision erforderlich (§ 2 Abs. 5 ZMediatAusbV). Zur Fortbildung muss der zertifizierte Mediator innerhalb von zwei Jahren nach Ausbildungsabschluss mindestens vier Einzelsupervision wahrnehmen (§ 4 Abs. 1 ZMediatAusbV). Mehr lesen »