Niedersachsen ist bundesweiter Vorreiterbei der Föderung der außergerichtlichen Konfliktbeilegung. Einigen sich die Konfliktparteien eines bereits bei Gericht anhängigen Rechtsstreits außergerichtlich z.B. im Rahmen eines Mediationsverfahrens, sollen künftig vor bestimmten Fachgerichten die Gerichtsgebühren bei Klagerücknahme entfallen.
Nach Abschluss der Verbandsbeteiligung hat die Landesregierung in ihrer Sitzung am 28.05.2019 die Verordnung über das Entfallen von Gerichtsgebühren bei außergerichtlicher Konfliktbeilegung beschlossen. Ab dem 1. Juli 2019 wird von einigen Fachgerichten auf Gerichtsgebühren verzichtet, wenn vor dem Verwaltungs-, Sozial-, Finanz- oder Arbeitsgericht erhobene Klagen oder Anträge infolge einer außergerichtlichen Einigung der Parteien zurückgenommen werden.
Die niedersächsische Regelung ist auf Grund einer Verordnungsermächtigung des Bundes (§ 69b GKG) möglich. Danach werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die von den Gerichten der Länder zu erhebenden Verfahrensgebühren bei bestimmten Fachgerichten ermäßigt werden oder entfallen,
- wenn das gesamte Verfahren nach einer Mediation oder nach einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung durch Zurücknahme der Klage oder des Antrags beendet wird und
- in der Klage oder Antragsschrift mitgeteilt worden ist, dass eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung unternommen wird oder beabsichtigt ist
Das Gleiche gilt, wenn das Gericht den Parteien die Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorgeschlagen hat. Nach § 69b Satz 2 GKG gilt die Vorschrift auch für die Rechtsmittelinstanz.
Niedersachsen ist das erste Bundesland, welches entsprechende Vergünstigungen für die Verfahrensbeteiligten vorsieht. Der Verzicht auf Gerichtsgebühren soll die Bereitschaft zur außergerichtlichen Streitbeilegung auch nach erfolgter Klageerhebung erhalten und fördern. Justizministerin Barbara Havliza: „Rechtsfrieden ist ein wertvolles Gut. Die größte Akzeptanz auf beiden Seiten erreicht man sicher, wenn die Streitbeteiligten aufeinander zugehen und zu einer gemeinsamen Lösung gelangen. Durch den nun vorgesehenen Verzicht auf die Gerichtsgebühren wollen wir die Parteien auch nach Klageerhebung noch ermuntern, diesen Schritt zu gehen.“
Hierzu ein Beispiel für einen Anwendungsfall: Ein Bürger möchte gegen einen komplizierten Abgabenbescheid vorgehen und sucht das Gespräch mit der Behörde. Es wird deutlich, dass eine Lösung innerhalb der Klagefrist von einem Monat (§ 74 VwGO) nicht gefunden werden kann. Der Bürger erhebt deshalb vorsorglich Klage beim Verwaltungsgericht. Hierfür fällt eine Gerichtsgebühr an, die grundsätzlich von demjenigen zu tragen ist, der im gerichtlichen Verfahren unterliegt.
Die nun beschlossene Regelung eröffnet einen Ausweg. Führen die weiteren Gespräche dazu, dass die Behörde den Bescheid zumindest teilweise ändert und die Klage zurückgenommen wird, so entfallen die Gerichtsgebühren. Würde das Gericht den Bescheid durch ein Urteil teilweise ändern, so müsste der Bürger auch teilweise die Gerichtskosten übernehmen. Die neue Regelung ist insofern ein Vorteil für ihn, denn sie mindert das Kostenrisiko im gerichtlichen Verfahren.
Quelle: Presseinformation der Nds. Staatskanzlei vom 28.05.2019