Der Begriff Restorative Justice (RJ) wird auf unterschiedlichen Ebenen mit unterschiedlichen Inhalten verwendet. Zunächst bezieht er sich auf ein die traditionelle Vergeltungslogik (retributive justice) und Strafphilosophien überwindendes Gerechtigkeitskonzept (ausführlich hierzu Trenczek 2014). Danach soll das aus der Begehung von Unrecht erfahrene Leid soweit wie möglich ausgeglichen und die als gerecht akzeptierte Ordnung in einer sozialen Gemeinschaft (wieder) hergestellt (to restore justice) werden. Innerhalb dieses auf Ausgleich und Wiedergutmachung gerichteten Ansatzes findet sich eine Vielfalt von Theorie- und Praxismodellen unterschiedlicher Reichweite. Wichtig anzumerken ist, dass der RJ-Ansatz nicht auf strafrechtlich relevantes Verhalten begrenzt ist, sondern alle mit Unrecht und persönlichem Leid verbundene Störungen von Beziehungen bzw. des Gemeinwesens umfasst. International werden RJ-Verfahren nicht nur im strafrechtlichen, sondern vor allem auch bei Konflikten am Arbeitsplatz, im Schulbereich und öffentlichen Einrichtungen angewandt.
Im Rahmen von RJ geht es nicht nur um die Konfliktklärung und den individuellen Ausgleich zwischen den unmittelbaren Konfliktbeteiligten, sondern auch um die Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse der ggf. mittelbar betroffenen Personen, insb. Partner und Angehörige auf beiden Seiten, sowie den Ausgleich der Störungen des Zusammenlebens in der sozialen Gemeinschaft. RJ wird deshalb häufig als gemeinwesenorientierter Konfliktregelungsansatz bezeichnet.
Im Hinblick auf die praktizierten Verfahren und methodischen Interventionen knüpft der Restorative Justice Ansatz auch an indigene Konfliktregelungs- und Vermittlungsverfahren an. In Europa und Deutschland ist das RJ-Konzept eng mit der Mediation als Konfliktlösungsverfahren verknüpft. Demgegenüber werden in angelsächsischen Staaten neben der Mediation auch andere Verfahren durchgeführt, insb. das sog. Conferencing (Versammlung bzw. Familienrat), die das soziale Umfeld und das Gemeinwesen noch stärker einbeziehen.
In der deutschen Sprache hat sich – nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Theorie- und Praxisansätze – ein Begriff, der Inhalt und Konzeption von RJ entsprechen würde (z.B. „ausgleichende bzw. wiederherstellende Gerechtigkeit“, „ausgleichsorientierte Justiz“), bislang nicht durchgesetzt. Der außergerichtliche Tat- bzw. sog. Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) bezieht sich lediglich auf einen Teilausschnitt der RJ-Idee. Abzugrenzen ist der TOA auch von der Vermittlung (Mediation) in strafrechtlich relevanten Konflikten. Mit Blick auf das (deutsche) Mediationsgesetz kann mit TOA nur noch die strafrechtliche Entscheidung (Rechtsfolge bzw. ein Kriterium der Strafzumessung) bezeichnet werden, während Mediation das Verfahren und methodische Vorgehen der Konfliktbearbeitung beschreibt. Mehr lesen »