§ 2 Abs. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) stellt klar, dass die Mediation sowie jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung keine den Rechtsanwälten vorbehaltene Rechtsdienstleistung darstellt. Es geht in der Mediation nicht vorrangig um die Klärung rechtlicher Verhältnisse, sondern um die Klärung der hinter den Rechtspositionen stehenden Interessen. Nicht rechtliche Fragen, sondern ökonomische, soziale und persönliche Bedürfnisse stehen i. d. R. im Vordergrund, ganz gleich ob es sich um eine Familienmediation, eine sog. Wirtschaftsmediation, um die Mediation in Nachbarstreitigkeiten oder in strafrechtlich relevanten Konflikten handelt. Der Schwerpunkt einer Mediation liegt damit nicht in der rechtlichen Bewertung oder Gestaltung. Andererseits wird es oft nicht ausbleiben, dass im Rahmen einer Mediation von den Parteien Rechtsfragen eingebracht werden. Dies ist zwar nicht immer der Fall – nicht jeder Konflikt ist ein Rechtsstreit – es ist aber durchaus üblich, dass die Parteien zumindest zu Beginn eines Verfahrens auf Rechtspositionen bestehen, im Verlaufe des Verfahrens ihre Standpunkte überdenken und schließlich vor Abschluss einer Vereinbarung ihre (rechtlichen und sonstigen Nichteinigungs-)Alternativen (sog. BATNA) überdenken. Nicht selten werden deshalb an Mediatoren auch Rechtsfragen herangetragen.
Die meisten Mediatoren (zum funktionalen Mediatorenbegriff → hier) verfügen nicht über eine juristische Ausbildung. Schon deshalb dürfen sie nach dem RDG grundsätzlich keine Rechtsberatung durchführen, denn diese ist als Rechtsdienstleistung nach § 3 RDG erlaubnispflichtig und im Wesentlichen Volljurist:innen und zugelassenen Rechtsanwält:innen vorbehalten (§§ 3 ff. RDG; zu den Ausnahmen für Behörden, insb. die Fachkräfte der Sozial- bzw. Kinder- und Jugendhilfe gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 5 RDG, sog. Behördenprivileg, vgl. Trenczek et al. Grundzüge des Rechts, 2018, Kap. 4.2). Andererseits, auch wenn zunehmend Rechtsanwälte und andere Jurist:innen in einigen Teilbereichen der Mediation (insb. Wirtschafts- und Familienmediation) als Vermittler:in aktiv sind, ist zu beachten, dass Mediator:innen „allen Parteien gleichermaßen“ und somit zur → Allparteilichkeit verpflichtet sind (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1, § 3 Abs. 2 MediationsG), was eine Rechtsberatung durch sie – selbst wenn sie Volljurist:innen sein sollten – im Hinblick auf die ggf. unterschiedlichen Interessen der Parteien in Konflikten ausschließt. Die bloße Weitergabe von Informationen über die abstrakte Rechtslage ohne Anwendung auf den konkreten Einzelfall stellt noch keine rechtliche Beratung und keine Rechtsdienstleistung dar (§ 2 Abs 1 RDG). Gut ausgebildete und erfahrene Jurist:innen und Mediator:innen wissen, dass ein „neutraler“/allparteilicher Rechtsrat in einer Streitfrage – anders als eine nicht auf den Fall bezogene Rechtsinformation – per se nicht möglich ist, da die Anwendung des Rechts auf einen konkreten Einzelfall stets einer (rechtlichen Be-)Wertung bedarf. Zudem können Rechtsfragen aufgrund der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe sowie im Hinblick auf Ermessensspielräume selten eindeutig und im Hinblick auf zwei Parteien nie „objektiv“-„neutral“ beantwortet werden. Deshalb ist eine „neutrale Rechtsberatung“ von zwei Parteien ebenso wie eine „evaluierende“, Rechtspositionen bewertende Mediation ein Widerspruch in sich (Oxymoron) und in Deutschland (anders als in manchen angelsächsischen Staaten) nicht zulässig. Eine rechtsbezogene Beratung (im Unterschied auf einen nicht auf den konkreten Sachverhalt bezogenen allgemeinen Rechtshinweis) gefährdet, ja schadet der Allparteilichkeit, so „objektiv“ (was immer das sein mag) sich ein/e Mediator:in auch gerieren vermag. Mediator:innen (ob Volljurist:/Rechtsanwält:innen oder nicht) dürfen deshalb im Hinblick auf das Gebot der Allparteilichkeit und die Tätigkeitsbeschränkungen für Mediator:innen (insb. sog. Vorbefassungsverbot, § 2 Abs. 2 – 4 MediationsG) nicht gleichzeitig im Konflikt vermitteln und die Mediationsparteien rechtlich beraten, um sich nicht dem Vorwurf des Parteiverrats auszusetzen, der bei Rechtbeiständen strafbar (§ 356 StGB) wäre.