ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – Expertenanhörung

Die Bundesregierung hatte am 27.5.2015 einen Gesetzentwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) verabschiedet, mit dem sie die EU-Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten in nationales Recht umsetzen will (hierzu siehe → hier). Die Umsetzungsfrist endete eigentlich bereits am 09.07.2015.

Am 30.9.2015 nahmen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sieben Sachverständige zu dem von Bundesregierung und Regierungskoalition vorgelegten Entwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz Stellung.
Die einzelnen Stellungnahmen finden Sie  → hier

Eine Kurzzusammenfassung der Stellungnahmen finden Sie im Newsletter 42146 der Centrale für Mediation

Weitere Informationen zum derzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens finden Sie → hier

Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen

Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten in ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz bestehen zwischen der Bundesregierung und den Ländern in wesentlichen Punkten Meinungsunterschiede, vor allem im Hinblick auf die Zuständigkeit für die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen sowie einer Universalschlichtungsstelle. Der Bundesrat hält insoweit eine auf Bundesebene angesiedelte Zuständigkeit für zwingend notwendig, um eine einheitliche Praxis im Zulassungsverfahren zu garantieren. Demgegenüber ist nach Auffassung der Bundesregierung eine Zuständigkeit nicht notwendig. Vielmehr sei es den Ländern unbenommen, eine gemeinsame Universalschlichtungsstelle zu etablieren.

Quelle:  heute im bundestag Nr. 424 – 28.8.2015; BT-Drs 18-5760

Zum Entwurf eines Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (Quelle: Bundesregierung; PM 27.05.2015).

Beschwerdestelle für Mediation in den Niederlanden

Die niederländische Mediatorenvereinigung (MfN) hat bereits vielen Jahren eine Beschwerdesystem eingerichtet, um Kunden/Medianden eine unabhängige Anlaufstelle zu bieten und die Qualität der Mediation zu verbessern. Ist eine Partei eines Mediationsverfahrens, das von einem beim MfN registrierten Mediator durchgeführt wurde, mit dem Verfahren und insb. der Vorgehensweise der Mediatoren unzufrieden, kann sie innerhalb von zwölf Monaten nach Beendigung des Mediationsverfahrens eine schriftliche Beschwerde beim MfN einreichen.

Im Jahr 2014 kam es so insgesamt zu 82 Beschwerden. Die meisten Beschwerden betrafen Mediationen in den Bereichen Familie (49 Fälle) und Arbeit (12 Fälle). Im Bezug auf die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mediation gab es hauptsächlich Beanstandungen hinsichtlich der Person des Mediators und seiner Kompetenz, aber auch über unzureichende Transparenz und Vertraulichkeit sowie über die Abrechnung der Mediation.

Contact Stichting Kwaliteit Mediators (SKM) Westblaak 150 3012 KM Rotterdam

Quelle: Mediatorsfederatie Nederland; Newsletter der Centrale für Mediation v. 26.08.2015

Mediatorenkrankheiten

Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum eine Mediation scheitern kann. Nicht alle haben etwas mit dem Verhalten der Mediatoren zu tun, doch soll an dieser Stelle auf einige „typische Fehler“ und Fallstricke hingewiesen werden. Eine verbreitere Mediatorenkrankheit ist es, die „objektive Wahrheit“ zu suchen, zu ermitteln statt mit den (konstruierten) Geschichten der Parteien zu arbeiten, die eigene Sichtweise für objektiv zu halten und von eigenen Werten und Maßstäben auszugehen, aufgrund von Einzelgesprächen Informationen selektiv (nicht) weiterzugeben, sich in eigene (Lösungs-)Ideen zu verlieben und „offenkundige“ Lösungen vorzuschlagen statt die Verantwortung bei den Betroffenen zu belassen.

Von manchen, besonders engagierten Mediatoren (insb. mit psychosozialer Ausbildung) hört man gelegentlich, sie wüßten sehr gut um die Sorgen und Nöte der Beteiligten in Konflikten, weshalb sie ihnen beratend helfen wollen und sie legitimiere, aus Vorgesprächen erhaltene Informationen gut dosiert zu verwenden. Von hier ist es nicht weit zur Manipulation der Parteien, nicht selten, um hohe Einigungsquoten vorweisen zu können. Vor allem Personen, die gewohnt sind, Entscheidungen zu treffen, fällt es sehr schwer, die in der Ausbildung vermittelten Kenntnisse in praktisches Handeln umzusetzen und den Parteien Zeit zu lassen, um geduldig die hinter den Positionen liegende Interessen herauszuarbeiten. Als Mediatoren tätige Juristen berichten in Supervisionen und Fallreflexionen regelmäßig, dass es aus ihrer Sicht aufgrund ihrer bisherigen beruflichen Ausbildung und Sozialisation am schwierigsten ist, die rechtliche Perspektive nicht in den Vordergrund zu rücken, keine (inhaltlichen) Lösungsvorschläge zu machen und insgesamt eine mediative Grundhaltung zu entwickeln, aus denen ein solches Handeln fließt. Demgegenüber täuschen sich manche Anwaltsmediatoren immer wieder selbst, wenn sie davon ausgehen, rechtliche Bewertungen und Mediatorenrolle trennen zu können. Mehr lesen »

Restorative Justice und Mediation

Der Begriff Restorative Justice (RJ) wird auf unterschiedlichen Ebenen mit unterschiedlichen Inhalten verwendet. Zunächst bezieht er sich auf ein die traditionelle Vergeltungslogik (retributive justice) und Strafphilosophien überwindendes Gerechtigkeitskonzept (ausführlich hierzu Trenczek  2014). Danach soll das aus der Begehung von Unrecht erfahrene Leid soweit wie möglich ausgeglichen und die als gerecht akzeptierte Ordnung in einer sozialen Gemeinschaft (wieder) hergestellt (to restore justice) werden. Innerhalb dieses auf Ausgleich und Wiedergutmachung gerichteten Ansatzes findet sich eine Vielfalt von Theorie- und Praxismodellen unterschiedlicher Reichweite. Wichtig anzumerken ist, dass der RJ-Ansatz nicht auf strafrechtlich relevantes Verhalten begrenzt ist, sondern alle mit Unrecht und persönlichem Leid verbundene Störungen von Beziehungen bzw. des Gemeinwesens umfasst. International werden RJ-Verfahren nicht nur im strafrechtlichen, sondern vor allem auch bei Konflikten am Arbeitsplatz, im Schulbereich und öffentlichen Einrichtungen angewandt.

Im Rahmen von RJ geht es nicht nur um die Konfliktklärung und den individuellen Ausgleich zwischen den unmittelbaren Konfliktbeteiligten, sondern auch um die Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse der ggf. mittelbar betroffenen Personen, insb. Partner und Angehörige auf beiden Seiten, sowie den Ausgleich der Störungen des Zusammenlebens in der sozialen Gemeinschaft. RJ wird deshalb häufig als gemeinwesenorientierter Konfliktregelungsansatz bezeichnet.

Im Hinblick auf die praktizierten Verfahren und methodischen Interventionen knüpft der Restorative Justice Ansatz auch an indigene Konfliktregelungs- und Vermittlungsverfahren an. In Europa und Deutschland ist das RJ-Konzept eng mit der Mediation als Konfliktlösungsverfahren verknüpft. Demgegenüber werden in angelsächsischen Staaten neben der Mediation auch andere Verfahren durchgeführt, insb. das sog. Conferencing (Versammlung bzw. Familienrat), die das soziale Umfeld und das Gemeinwesen noch stärker einbeziehen.

In der deutschen Sprache hat sich – nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Theorie- und Praxisansätze – ein Begriff, der Inhalt und Konzeption von RJ entsprechen würde (z.B. „ausgleichende bzw. wiederherstellende Gerechtigkeit“, „ausgleichsorientierte Justiz“), bislang nicht durchgesetzt. Der außergerichtliche Tat- bzw. sog. Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) bezieht sich lediglich auf einen Teilausschnitt der RJ-Idee. Abzugrenzen ist der TOA auch von der Vermittlung (Mediation) in strafrechtlich relevanten Konflikten. Mit Blick auf das (deutsche) Mediationsgesetz kann mit TOA nur noch die strafrechtliche Entscheidung (Rechtsfolge bzw. ein Kriterium der Strafzumessung) bezeichnet werden, während Mediation das Verfahren und methodische Vorgehen der Konfliktbearbeitung beschreibt. Mehr lesen »