Prof. Dr. Reinhard Greger zeigt in einem Tagungsbericht vom beim Bayerischen Mediationstag 2023 Wege auf, wie man die Zugangswege zu konsensualen Streiterledigung, insb. von Mediationsverfahren verbessern kann. Vor allem zwei Ansätze schälten sich in den Arbeitsgruppen in München heraus, beide nicht auf den Bau neuer Wege, sondern auf das Errichten oder den Abbau von Schwellen auf bestehenden Wegen gerichtet.
Der eine ist darauf gerichtet, den durch die hergebrachten Strukturen vorgezeichneten Weg zur streitigen Durchsetzung von Rechtspositionen (insb. im Klagewege) zu erschweren. Eine Schlüsselrolle komme dabei zwar der Anwaltschaft zu – und deshalb wurden von Ausbildungs- bis zu Vergütungsfragen viele darauf bezogene Ideen entwickelt. Auch dem für alternative Konfliktlösung aufgeschlossenen Anwalt sei es aber vielfach nicht mehr möglich, die bereits im Konflikt befangenen Parteien durch Überzeugungsarbeit auf den Weg zu einer selbst gestalteten Lösung zurückzuführen. Der Weg dorthin müsse deshalb bereits vorher angelegt werden, durch Konfliktlösungsklauseln in allen bedeutsamen Verträgen. Hierauf müssten Unternehmensjuristen und Anwälte, insbesondere aber auch Notare verstärkt hinwirken. Anstelle standardmäßiger Schieds- oder pauschaler Mediationsklauseln seien auf die Gegebenheiten des konkreten Rechtsgeschäfts abgestimmte und abgestufte Vereinbarungen zu treffen; dies sollte durch Fortbildung und Publikationen, z.B. in Formularbüchern unterstützt werden. Für besonders mediationsgeeignete Konfliktarten sei auch an die gesetzliche Vorgabe eines qualifizierten Einigungsversuchs vor Klageerhebung zu denken.
Beim zweiten Ansatz geht es um den Abbau von Schwellen, nämlich solchen, die den Weg zur Mediation erschweren. Konfliktbetroffene und ihre Berater seien vielfach damit überfordert, den Weg in ein ihnen unbekanntes Verfahren zu beschreiten, welches den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags mit einer nicht durch eine staatliche Anerkennung oder dergleichen ausgewiesenen Person erfordert. Diese Schwelle gelte es abzusenken, indem Konfliktparteien die Möglichkeit geboten wird, sich zunächst einmal mit den in ihrem Fall bestehenden Optionen für eine einvernehmliche Streitbeilegung vertraut zu machen. Dies könnte durch Konfliktanlaufstellen, Hotlines oder interaktive Online-Plattformen (wie z.B. www.rechtohnestreit.de; vgl. hierzu die Meldung vom 17.01.2023) geschehen. Mediator/innen wäre gut beraten, nicht nur mit ihrer Kernkompetenz auf den Markt zu gehen, sondern allgemeine Konfliktberatung und ‑vermittlung anzubieten, die ggf. in ein Mediationsverfahren münden kann. Und natürlich müsse der unmögliche Zustand behoben werden, dass Familienkonflikte ins VKH-gestützte Gerichtsverfahren gelenkt werden, weil die Kosten einer Mediation von den Beteiligten nicht getragen werden können.
Zum gesamten → Tagungsbericht über den Bayerischen Mediationstag 2023 (als PDF-Datei zum Download erhältlich) sowie die Auswertung in ZKM 2023, 171.
Quelle: Prof. Dr. Reinhard Greger;
Centrale für Mediation/Otto Schmidt Verlag v. 18.10.2023