ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

Mediation und RJ down under

Zum 5. Mal nach 2001/02, 2006, 2011/12 und 2017 war ich von Okt – Dez. 2025 für längere Zeit down under
und habe meine Kontakte und mein Wissen über ADR und Mediation in Australien aufgefrischt und über die Entwicklung der Mediation
und von Restorative Justice in Deutschland berichten dürfen.
Vielen Dank für die Organisation und den fachlichen Austausch insb. an

Dr. Peter Johnstone und die (ehem.) Kolleg:innen aus der Dispute Resolution Branch in Brisbane, Queensland,

an Prof. Dr. Jeff Giddings, School of Law/Law Clinic, Monash University, Melbourne sowie

Dr. Serge Loode, Director of Peace and Conflict Studies Australia – PaCSIA
und Peacemaking Officer im Neighbourhood Justice Centre (NJC) in the City of Yarra/Victoria (einer der ältesten Stadtteile der Metropole
 Melbourne) und seinen Kolleg:innen am NJC.


Vielen Dank auch an die Teilnehmer:innen meines Restorative Justice Seminars für die vielen, kundigen Fragen und große Diskussionsbereitschaft.

 

 

 

 

 

 

Prof. Trenczek ist das 4. Quartal 2025 zu einem Forschungsaufenthalt in Australien. Anfragen werden deshalb nicht in der gewohnten Schnelligkeit beantwortet.
Substantielle Anfragen wegen neuer Mediationsverfahren werden ggf. an die SIMK-Mediator:innen und -Kooperationspartner weitergeleitet.

Neue Regelungen zur alternativen Streitbeilegung in Frankreich

Durch auf dem Verordnungswege (nicht per Gesetz) seit dem 1.9.2025 geltende Regegelungen wandelt sich das gerichtliche Verfahren in Frnkreich von der trditionellen Standardoption zu einer von mehreren Möglichkeiten der Konfliktregelung im Zivilrecht. Das Ferichtsverfahren soll zur ultima ratio der Konfliktregelung werden. Die wichtigsten Säulen der Reform sind die Neukodifikation der alternativen Konfliktlösung (AKL) in einem neuen Buch der französischen Zivilprozessordnung (Code de procédure civile – CPC), die Stärkung der richterlichen Lotsenfunktion in Richtung der einvernehmlichen Streitbeilegung und die Integration der einvernehmlichen Streitbeilegung in das zivilprozessuale Verfahren. Einen ausführlichen Beitrag von Dr. Martin Zwickel „Ein neues Kapitel für den französischen Zivilprozess: Vorrang für die einvernehmliche Streitbeilegung“ finden Sie in der in ZKM 6/2025 sowie in seinem Blogbeitrag der Centrale für Mediation (Otto Schmidt Verlag).

Quelle: Centrale für Mediation (Otto Schmidt Verlag) 12.12.2025

Parteiverrat nach Mediation – Unzulässigkeit von Mediation und (Rechts-)Beratung

Auf der SIMK-Internetseite wurde bereits in verschiedenen Beiträgen auf die fachlichen (Mindest-)Standards der Mediation hingewiesen, die für alle Personen gelten, die als Vermittler:in iSd § 1 Abs. 2 MediationsG ohne Entscheidungskompetenz in der Streitsache zwischen zwei oder mehreren Parteien vermitteln und zwar unabhängig davon ob sie als (Rechts-)Anwälte, (Unternehmens-, Familien-)Berater etc. tätig werden oder wie sie sich (z.B. Moderater, Supervisor et. ) nennen (→sog. funktionaler Mediatorbegriff). Das betrifft insb. die Neutralität und Allparteilichkeit der Vermittler und das Verbot der sog. Vor-, Während- und Nachbefassung. Wer als Mediator iSd § 1 Abs. 2 MediationsG tätig ist, darf in derselben Streitsache weder vor, noch während noch im Anschluß an das Mediationsverfahren als Berater tätig werden.

Nun hat das OLG Celle in seiner Entscheidung vom 26.08.2025 – 2 ORs 9625 die Revision der verurteilten (als Mediator tätigen) Rechtsanwalts  gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Hannover vom 28. 10.2024 (ursprüngliche Verurteilung AG Springe 18.07.2023) wegen Parteiverrats verworfen und hervorgehoben, dass es „dem Gebot der Unabhängigkeit und Neutralität in besonderem Maße widerspricht, wenn eine Mediatorin bzw. ein Mediator vor, während oder nach einer Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig wird.“

Auszug aus der Entscheidung des OLG Celle (26.08.2025 – 2 ORs 9625):

2. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben:

a) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte im Oktober 2018 Kontakt zu der Zeugin P. auf. Die schwangere Zeugin hatte wegen einer Ehekrise kurz zuvor die Ehewohnung verlassen müssen und bemühte sich, von ihrem verschiedene Gegenstände zu erlangen, die in der Wohnung verblieben waren. Der Angeklagte stellte sich der Zeugin als Rechtsanwalt und Mediator vor und bot an, zwischen ihr und ihrem Ehemann als „allseitiger“, „unabhängiger“ Mediator einen konstruktiven Dialog zwischen ihr und ihrem Ehemann in die Wege zu leiten. Dabei erklärte er, dass sich der Ehemann um die finanzielle Seite der Mediation kümmern wolle. Die Zeugin P. führte daraufhin ein etwa eineinhalb Stunden dauerndes Gespräch mit dem Angeklagten, in dem sie ihm detailliert ihre Sicht der Eheprobleme und ihren dringenden Bedarf an den Gegenständen schilderte. In der Folgezeit tauschte sich der Angeklagte mit ihr und ihrem Ehemann aus und berichtete ihr schließlich, dass ihr Ehemann „eine Gesamtlösung“ wolle und ein von der Zeugin angestrebter Termin zur Abholung der Gegenstände nicht stattfinde. Eine Einigung kam nicht zustande. Im späteren Scheidungsverfahren zeigte der Angeklagte im Januar 2021 gegenüber dem Amtsgericht Wolfsburg an, dass er die rechtlichen Interessen des Zeugen P. vertrete, versicherte seine anwaltliche Bevollmächtigung und beantragte Akteneinsicht. Nach einer Rüge durch die Rechtsanwaltskammer legte er sein Mandat nieder.

b) Das Landgericht hat es zu Recht als pflichtwidrig im Sinne des § 356 StGB gewertet, dass der Angeklagte nach dem Scheitern der Mediation den Ehemann der Zeugin P. anwaltlich vertreten hat. Diese Bewertung entspricht der ausdrücklichen Tätigkeitsbeschränkung aus § 3 Abs. 2 Satz 2 MediationsG, der bereits vor Inkrafttreten des Mediationsgesetzes ergangenen Rechtsprechung und der ganz überwiegenden straf- und berufsrechtlichen Literatur (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. April 2001 – 2 U 1/00 –, Rn. 2, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. September 2002 – 3 Ss 143/01 –, Rn. 19, juris [mit Abgrenzung zur erfolgreichen einvernehmlichen Scheidung]; Wolter / Hoyer, SK-StGB – Kommentar, 10. Auflage 2023, § 356 StGB, Rn. 40; BeckOK StGB/Heuchemer/von Heintschel-Heinegg, 66. Ed. 1.8.2025, StGB § 356 Rn. 30; Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 356 Rn. 7a; MüKoStGB/Schreiner, 4. Aufl. 2022, StGB § 356 Rn. 69; Gillmeister in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 356 StGB, Rn. 36; TK-StGB/Weißer/Bosch, 31. Aufl. 2025, StGB § 356 Rn. 22; Matt/Renzikowski/Matt, 2. Aufl. 2020, StGB § 356 Rn. 36; Weyland/Bauckmann, 11. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 70; BeckRA-HdB/Hamm, 12. Aufl. 2022, § 53. Rn. 47; Henssler/Prütting/Henssler, 6. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 251). Der Senat schließt sich dem an und teilt die Auffassung der Gesetzesbegründung zu § MediationsG, dass es dem Gebot der Unabhängigkeit und Neutralität in besonderem Maße widerspricht, wenn eine Mediatorin bzw. ein Mediator vor, während oder nach einer Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig wird (BT-Drs. 17/5335, S. 16).

 

Quelle: OLG Celle  Beschl. v. 26.08.2025, Az.: 2 ORs 96/25
(NI-Voris; dejureorg mwNw)

TOA-Mediation im Jugendbereich

Im TOA-Magazin 01/2025 ist ein Beitrag von Prof. Trenczek zum Thema TOA-Mediation im Jugendbereich erschienen

Abstract: In dem Beitrag über die sog. TOA-Mediation im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe im TOA-Magazin 2/2024 werden aus der Perspektive der Praxis Ansichten und Wünsche formuliert, die mit den geltenden rechtlichen Regelungen des SGB VIII nicht in Einklang zu bringen sind. Die im Beitrag formulierte Annahme, es ergäbe sich aus den Regelungen des SGB VIII „nachweislich … eine Pflicht der Jugendämter, auch Mediation im Strafverfahren anzubieten“, produziert Erwartungen, die durch die gesetzlichen Regelungen nicht begründet sind. Aus diesem Grund werden mit der hier vorliegenden Replik die gesetzlichen Regelungen rechtwissenschaftlich begründet erläutert, insb. welche (Tatbestands-/Leistungs-)Voraussetzungen im Hinblick auf die Bewilligung und Finanzierung erfüllt sein (s. II.) und welche fachliche (Mindest-)Standards bei der Durchführung der Konfliktvermittlung beachtet werden müssen (s. III.).

Trenczek, T.: TOA-Mediation im Jugendbereich; TOA-Magazin 01/2025, 16-19 [ISSN 2197-5965]

 

Tag der Mediation

Der Tag der Mediation wurde mit der „Wiener Erklärung“ ins Leben gerufen. Am 18. Juni 2013 trafen sich die großen deutschsprachigen Mediationsverbände in Wien und beschlossen fortan jeden 18. Juni als Tag der Mediation zu feiern:

„Die Mediationsverbände des deutschsprachigen Raumes beschließen in ihrem Bestreben zur Verbreitung der Mediation künftig noch enger zusammenzuarbeiten. Dazu werden sich die Vorstände regelmäßig treffen, um gemeinsame Maßnahmen abzustimmen. Wir erklären den 18. Juni zum Tag der Mediation! Alle Mediationsorganisationen werden eingeladen an diesem Tag Aktionen zur Förderung der Mediation durchzuführen.“

Die Bekanntheit von Mediation in der Öffentlichkeit zu steigern, ist das erklärte Ziel des internationalen Tags der Mediation. Wenn Sie weitere Informationen über das Mediationsverfahren erhalten, einen Schnupperkurs oder eine in-house Mediationsausbildung für Ihre Mitarbeitenden anbieten wollen, nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Erste Informationen finden SIe auch auf dieser Internetseite unter

Verfahren und Methoden

Arbeitshilfen

Quelle:Österreichischer Bunsverband für Mediation (ÖBM).
Prof. Trenczek ist Mitglied des ÖBM und
eingetrgener Mediator beim Bundesministerium der Justiz, Wien.

Restorative Justice, Mediation und TOA – Unterschiede und Standards

Die Idee einer Restorative Justice wird in Deutschland in seinen Wesensmerkmalen (Opferperspektive/Wiedergutmachung, aktive Teilhabe/Partizipation, Gemeinwesenansatz) nur ansatzweise umgesetzt. Im Wesentlichen geht es hier zu Lande um die bilaterale Konfliktvermittlung in strafrechtlichen Konflikten zugunsten eines sog. Täter-Opfer-Ausgleiches. Es ist deshalb erforderlich, dass die Begriffe/Konzepte „Restorative Justice“, „Mediation“ sowie „Täter-Opfer-Ausgleich“ geklärt, die Unterschiede verstanden und die gesetzlich normierten, fachlichen Mindeststandards der Vermittlung in strafrechtlich relevanten Konflikten eingehalten werden (vgl. die nchfolgende Lesehilfe sowie das Glossar). In der letzten Zeit sind hierzu einige Beiträge von Thomas Trenczek erschienen:

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Für Europa!

In einem Beitrag „Für Europa“ in der aktuellen WE-Ausgabe der SZ (22.03.2025) appelliert Jürgen Habermas eindrücklich für eine konsequente Neuausrichtung der europäischen (Sicherheits-)Politik. Aus meiner Sicht ist sein „Appell für Europa“ ein wenig „altklug“ (das darf er ja mit 95 Jahren auch durchaus sein) und besserwisserisch, zT irritierend (man hatte früher mit Putin über „ein für die Ukraine akzeptables, aber dieses Mal vom Westen gewährleistetes Arrangement“ verhandeln sollen; vgl. auch sein „Plädoyer  für Verhandlungen“ v. 14.2.2023), insgesamt aber überzeugend, eindringlich mahnend im Hinblick auf die Sicherheitsarithmetik und Notwendigkeit der Wehrhaftigkeit Europas sowie der dringend notwendigen EU-Integration der Verteidigungskräfte der Nationalstaaten, insbesondere des deutschen Militärs, im Rahmen einer Europäisierung (nicht nur) der europäische Verteidigung. Zu Recht formuliert Habermas einen Vorbehalt:

Die politischen Gründe, die ich für eine Rechtfertigung der Stärkung einer gemeinsamen militärischen Abschreckungsmacht der Europäischen Union genannt habe, kann ich nur unter dem Vorbehalt eines entsprechend weiteren Schrittes in der europäischen Integration vertreten. Zur Begründung dieses Vorbehalts sollte schon der eine Gedanke, mit dem die alte Bundesrepublik auf- und ausgebaut worden ist, genügen: Was würde aus einem Europa werden, in dessen Mitte sich der bevölkerungsstärkste und wirtschaftlich führende Staat auch noch zu einer alle Nachbarn weit überragenden Militärmacht mausern würde, ohne verfassungsrechtlich zwingend in eine gemeinsame, an Mehrheitsentscheidungen gebundene europäische Verteidigungs- und Außenpolitik eingebunden zu sein?

Das trifft auf meine Zustimmung, verweise ich doch in meiner Visitenkarte seit Jahren auf „For a Europe and World of the people and the human rightsFür ein Europa der Menschen und der Menschenrechte.“ Ohne Menschenrechte kann es keinen (wahren) Frieden geben.

Quelle: SZ v. 22.03.2025