ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

Restorative Justice, Mediation und TOA – Unterschiede und Standards

Die Idee einer Restorative Justice wird in Deutschland in seinen Wesensmerkmalen (Opferperspektive/Wiedergutmachung, aktive Teilhabe/Partizipation, Gemeinwesenansatz) nur ansatzweise umgesetzt. Im Wesentlichen geht es hier zu Lande um die bilaterale Konfliktvermittlung in strafrechtlichen Konflikten zugunsten eines sog. Täter-Opfer-Ausgleiches. Es ist deshalb erforderlich, dass die Begriffe/Konzepte „Restorative Justice“, „Mediation“ sowie „Täter-Opfer-Ausgleich“ geklärt, die Unterschiede verstanden und die gesetzlich normierten, fachlichen Mindeststandards der Vermittlung in strafrechtlich relevanten Konflikten eingehalten werden (vgl. die nchfolgende Lesehilfe sowie das Glossar). In der letzten Zeit sind hierzu einige Beiträge von Thomas Trenczek erschienen:

  • Restorative Justice und Mediation im Strafrecht, Konfliktdynamik 14(1), 2025, 14-19 [DOI: 10.5771/2193-0147-2025-1-14]
  • Vermittlung strafrechtlich relevanter Konflikte – Gesetzliche Mindest- und fachliche Qualitätsstandards TOA-Magazin [ISSN 2197-5965] Nr. 02/2024_2-2024, S. 4-8.
  • Restorative Justice, Mediation und Täter-Opfer-Ausgleich – Konzeptionelle Unterschiede und fachliche Standards; in: TOA-Servicebüro ds DBH-Fachverband (Hrsg.) Miteinander in Verbindung treten; Köln 2024, 114-132
  • Restorative Justice – (strafrechtliche) Konflikte und ihre Regelung; in AKKrimSoz (Hrsg.): Kriminologie und Soziale Arbeit; Juventa, Weinheim, 2. Aufl. 2022, 191 – 209
  • Mediation in strafrechtlichen Konflikten und das Mediationsgesetz, TOA-Magazin [ISSN 2197-5965] Nr. 02/2022, 45-48.

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Für Europa!

In einem Beitrag „Für Europa“ in der aktuellen WE-Ausgabe der SZ (22.03.2025) appelliert Jürgen Habermas eindrücklich für eine konsequente Neuausrichtung der europäischen (Sicherheits-)Politik. Aus meiner Sicht ist sein „Appell für Europa“ ein wenig „altklug“ (das darf er ja mit 95 Jahren auch durchaus sein) und besserwisserisch, zT irritierend (man hatte früher mit Putin über „ein für die Ukraine akzeptables, aber dieses Mal vom Westen gewährleistetes Arrangement“ verhandeln sollen; vgl. auch sein „Plädoyer  für Verhandlungen“ v. 14.2.2023), insgesamt aber überzeugend, eindringlich mahnend im Hinblick auf die Sicherheitsarithmetik und Notwendigkeit der Wehrhaftigkeit Europas sowie der dringend notwendigen EU-Integration der Verteidigungskräfte der Nationalstaaten, insbesondere des deutschen Militärs, im Rahmen einer Europäisierung (nicht nur) der europäische Verteidigung. Zu Recht formuliert Habermas einen Vorbehalt:

Die politischen Gründe, die ich für eine Rechtfertigung der Stärkung einer gemeinsamen militärischen Abschreckungsmacht der Europäischen Union genannt habe, kann ich nur unter dem Vorbehalt eines entsprechend weiteren Schrittes in der europäischen Integration vertreten. Zur Begründung dieses Vorbehalts sollte schon der eine Gedanke, mit dem die alte Bundesrepublik auf- und ausgebaut worden ist, genügen: Was würde aus einem Europa werden, in dessen Mitte sich der bevölkerungsstärkste und wirtschaftlich führende Staat auch noch zu einer alle Nachbarn weit überragenden Militärmacht mausern würde, ohne verfassungsrechtlich zwingend in eine gemeinsame, an Mehrheitsentscheidungen gebundene europäische Verteidigungs- und Außenpolitik eingebunden zu sein?

Das trifft auf meine Zustimmung, verweise ich doch in meiner Visitenkarte seit Jahren auf „For a Europe and World of the people and the human rightsFür ein Europa der Menschen und der Menschenrechte.“ Ohne Menschenrechte kann es keinen (wahren) Frieden geben.

Quelle: SZ v. 22.03.2025

Appell von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschland an die Politik

Der nachfolgende Apell ist von der deutschen Sektion der Scientist for Future/ Universität Bayreuth initiiert und mittlerweile von nahezu 12.000 Wissenschaftler:innen unterzeichnet worden. Scientists for Future (S4F, auch Scientists4Future) ist ein Scientist for Futureüberinstitutioneller, überparteilicher und interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren.

Sehr geehrte Volksvertreterinnen und Volksvertreter,
als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland sind wir in großer Sorge. Die Klima­krise und weitere Umweltkrisen (Biodiversitätsverlust, Überlastung biogeochemischer Stoffkreisläu­fe, …) sind mittelfristig die größte Bedrohung für Sicherheit, Wirtschaft und Wohlstand, Demokratie, Zivilisation und Menschenleben. Dennoch spielten diese Themen im Bundestagswahlkampf fast keine Rolle. Die jüngsten außenpolitischen Zuspitzungen könnten diese Themen noch weiter an den Rand drängen. Doch diese Bedrohung darf nicht verdrängt werden. Ihr muss gerade jetzt effi­zient begegnet werden.

Wir appellieren daher an alle demokratischen Parteien, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, und erwarten insbesondere von der zukünftigen Bundesregierung:

  1. Ein klares Bekenntnis zum Klimaschutzgesetz und zum Green Deal. Alle Bestrebun­gen, diese Regelungen aufzuweichen oder zu untergraben, müssen entschieden zurückge­wiesen werden. Zur Einhaltung der Ziele müssen ein regelmäßiges Monitoring erfolgen und ggf. Maßnahmen zur Nachsteuerung ergriffen werden.
  2. Eine ehrliche Kommunikation der Herausforderungen und Probleme gegenüber der Bevölkerung. Die Bekämpfung der Klima- und weiterer Umweltkrisen erfordert Verände­rungen in allen Lebensbereichen. Wir sehen es deshalb als zwingend erforderlich an, dass die demokratischen Parteien den anstehenden Problemen nicht ausweichen, sondern diese gemeinsam konstruktiv angehen.
  3. Eine Ausrichtung der Entscheidungen an den technisch-wissenschaftlichen Fakten. Weder die Kernspaltung noch die Kernfusion werden einen relevanten Beitrag zum Errei­chen der deutschen Klimaziele leisten können. Das gleiche gilt für E-Fuels und Wasserstoff im Straßenverkehr und für die Wärmeversorgung in Gebäuden. Schlüsseltechnologien für die Abkehr von fossilen Brennstoffen in Deutschland sind erneuerbare Energien, insbeson­dere Wind und Photovoltaik, diverse Speichertechnologien und intelligente Netze, Wärme­pumpen, batterieelektrische Antriebe sowie grüner Wasserstoff als chemischer Grundstoff und Langzeitspeicher.
  4. Einen klaren Kurs in der Klimapolitik. Eine Kehrtwende im Klimaschutz schadet auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland, denn Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Regeln, die sich ständig ändern, verursachen hohe Kosten und verstellen den Weg zu inno­vativen Geschäftsmodellen jenseits fossiler Brennstoffe. Wirtschaft und Klimaschutz müs­sen Hand in Hand gehen. Gerade die aktuellen außenpolitischen Krisen zeigen, dass die starke Abhängigkeit von fossilen Importen Deutschland und Europa verletzlich macht.  
  5. Eine wahrnehmbare soziale Komponente aller Klimaschutzmaßnahmen. Zentral ist hier die Rückzahlung eines Großteils der durch CO2-Bepreisung eingenommenen Mittel als Klimageld. Ohne eine soziale Komponente wird die deutsche Klimaschutzpolitik nicht er­folgreich sein.

 

Quellen: Scientists for Future (S4F, auch Scientists4Future) / Universität Bayreuth v. 12.03.2025

Scientists for Future (S4F, auch Scientists4Future) v. 12.03.2025

Obligatorische ADR – Neuigkeiten im spanischen Zivilverfahrensrecht

In Spanien wurde unlängst das Zivilverfahrensrecht reformiert. Das Anfang April 2025 in Kraft getretene sog. Organgesetz führt zahlreiche Neuerungen in das spanische Verfahrensrecht ein, die insb. zu einer Steigerung der Effizienz der Rechtspflege führen sollen. Von großer Bedeutung für die ADR sind u.a. die Änderungen im Zivilprozessrecht. Insb. wurde dem streitigen Verfahren ein obligtorisches ADR-Verfahren vorgeschaltet. Wer nunmehr vorgerichtliche Bemühungen zur einvernehmlichen Erledigung des Rechtsstreits nicht nachweisen kann, trägt die Verfahrenskosten selbst dann, wenn er den Prozess gewinnt. Nach der Übergangsbestimmung 9 des Gesetzes gilt dies auch für vor dem 3.4.2025 eingeleiteten Verfahren, so dass die Vorschriften des neuen Gesetzes (insb. Abschnitt 19.5 der Zivilprozessordnung) Anwendung finden.

Quelle: LEX – Das deutsch-spanische Rechtsportal 31.01.2025

Zum Thema obligatische ADR vgl. auch →

Trenczek, T. (2021): Autonomie und Freiwilligkeit vs. Vorrang, Verpflichtung und Anordnung der Mediation; Konfliktdynamik 19. Jg., 4/2021, 320 – 322

Trenczek, T. /2021): Statement zum Forum 3 „Empfehlen sich Regelungen zur Integration der Mediation in das bestehende Rechtsschutzsystem? auf der Mediationskonferenz des BMJV am 28.05.2021

Supervisorische Praxisreflexion und interne Weiterbildung für BMWA-Mediator:inn.en

Prof. Trenczek führt für die vom SIMK ausgebildeten sowie vom BMWA-zertifizierten Mediator:inn.en in Nds. idR 4-5 mal im Jahr eine supervisorische Fall- und Praxisreflexion/interne Fortbildung durch. Bei Interesse können Sie sich an die Geschäftsstelle des SIMK wenden. Die nächsten Treffen finden 2025 am

  • Fr. 07.02.2025
  • Fr. 25.04.2025
  • Fr. 27.06.2025 und
  • Fr. 15.08.2025

grds. jeweils von 16.30 – 18.30 Uhr statt (z.T. online über Videokonferenz). Der Teilnehmer*innenkreis ist auf maximal 8 Personen begrenzt. Eine Anmeldung via Email ist erforderlich (sind Plätze frei, wird danach ein Zugangslink zugesendet)

Klug wählen – Bundestagswahl 23.02.2025

Die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag findet am 23. Februar 2025 statt. Die AfD steht in den Umfragen bei rund 20 Prozent. Die aktuell stärkste Kraft, die CDU/CSU, ist unter ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz immer weiter nach rechts gerückt (vgl. Union in der Populismus-Falle?“, ARD Monitor, 19.09.2024 oder zuletzt die grundgesetzwidrigen Forderungen zur Europa- und Migrationspolitik; vgl. SZ v. 23.01.2025), scheut sich aber nicht mit der (in Teilen „gesichert“) rechtsextremistischen AFD (vgl. ZDF heute v. 21.01.2025) oder mit einer neo-stalinistischen Kaderpartei wie dem BSW zusammenzuarbeiten, deren Forderungen sich mitunter nicht von der (nationalistisch-völkischen, Europa-feindlichen wie Putin-freundlichen) Agitation und Demagogie der AFD (vgl. z.B. Tagesschau v. 31.07.2024; Deutsche Welle 24.08.2024; Cicero v. 9.9.2024) unterscheiden. Doch billiger Populismus, demokratische Tabubrüche und unverhohlen völker-/europarechts- und rechtsstaatwidrige Forderungen lösen keine Probleme (z.B. auch nicht das Attentat von Aschaffenburg; vgl. den Brandbrief der beiden großen deutschen Kirchen PRO v. 29.01.2025; Tagesschau v. 29.01.2025) und bewältigen nicht die bestehenden (sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen, ökologischen, …) Herausforderungen, sondern führen zu einem Wiedererstarken antidemokratischer, insb. rechtsnationaler Kräfte und damit – wie in Österreich (vgl. die Analyse v. Natascha Strobl  perspective daily 15.01.2025) – in eine Sackgasse.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Noch funktionieren in Deutschland Rechtsstaat und Demokratie (was weltweit keine Selbstverständlichkeit ist; vgl. den Demokratieindex des Economist). Dies gilt es ungeachtet politischer Meinungsverschiedenheiten – fairer Streit gehört zur Demokratie – zu bewahren! Wir alle bestimmen mit, in welche Richtung sich Deutschland entwickelt. Die USA, Ungarn, Österreich, insb. das geschichtsvergessene Erstarken rechtsextremistischer Parteien und Bewegungen in Europa sollten eine Mahnung sein (von Russland und China oder anderen Diktaturen gar nicht zu reden).

Zwar hat die Ampel nicht alles erreicht, was sie sich im Koalitionsprogramm vorgenommen hat (nicht selten wurde diese Ziele und Vorhaben in der Koalition durch die FDP unterlaufen und offen bekämpft) – und auch dies waren ja bereits (unvermeidliche) Kompromisse. Wenn es aber künftig nach der Union, FDP, AFD und BSW geht, wird vieles zurückgenommen oder zurückgedreht, was in den letzten Jahren als zukunftssichernde Investitionen und gesellschaftspolitische Erfolge geschaffen wurde, z.B. Kohleausstieg und Energiewende, Selbstbestimmungsgesetz und die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sowie eine Europa-verbindende Außenpolitik. An weitere zukunftssichernde Veränderungen ist nicht mehr zu denken. Um das zu verhindern und den Rechtsruck im Parlament einzudämmen, brauchen wir jetzt alle, an demokratisch-rechtsstaatlichen und zukunftsorientierten Lösungen interessierte Kräfte, die eine Chance haben, ins Parlament einzuziehen. Als Korrektiv in einer neuen Bundesregierung oder als starke Stimme der Opposition.

Was man dabei bedenken sollte: Mehr lesen »

Lehrbuch Strafrecht und Soziale Arbeit in neuer Auflage erschienen!

Das von Heinz Cornel & Thomas Trenczek herausgegebene Lehrbuch Strafrecht und Soziale Arbeit –ist 2024 in der neuen, 2. Auflage erschienen.

Das Lehrbuch gibt nicht nur einen rechtsdogmatisch fundierten und sozialwissenschaftlich begründeten Überblick über die Grundlagen und wesentlichen Themen des materiellen Strafrechts und des Strafverfahrensrechts, inklusive des Jugendstrafrechts, sondern widmet sich in einem eingen umfangreichen Kapitel der sog. Restorative Justice und der Konfliktvermittlung in strafrechtlich relevanten Konflikten. In diesem werden die insb. die Unterschiede von RJ, sog. Täter-Opfer-Ausgleich und Mediationsverfahren und die entsprechenden rechtlichen Grundlagen erläutert.

Das Buch richtet sich an Studierende und an Praktiker der Sozialen Arbeit, unter anderem an Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Mediatoren, forensische Psychiater und Tätige in Justizvollzugsanstalten. Darüber hinaus bietet das Lehrbuch auch für Jura-Studierende und Strafrechts-Praktiker eine Einführung in das strafrechtliche Denken und liefert gleichzeitig sozialwissenschaftlich-kriminologische Einblicke zur Anwendung und Praxis des Strafrechts. Ein umfassendes Stichwortverzeichnis rundet den Band ab. → mehr
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