ADR-News

(Aktuelle Informationen zu Mediation und Konfliktmanagement)

QVM-Qualitätslabel und Zertifizierungstelle gestartet

Der Qualitätsverbund Mediation (QVM), gegründet von , , und , hat verbandsübergreifend gemeinsame → Standards für die Mediationsausbildung (QVM-Mediation – Standards 2019) erarbeitet, ein einheitliches Qualitätslabel entwickelt sowie eine unabhängige Zertifizierungsstelle gegründet, die von der Qualitätsverbund Mediation GmbH i.G. administriert wird → https://qv-mediation.de/.
Zum Antragsverfahren geht es → hier: QVM-Antragsvefahren

Seit vielen Jahren haben sich das SIMK und Prof. Trenczek für verbraucherschützende Qualitätsstandards und eine verbesserte Zusammenarbeit der deutschen Mediationsverbände eingesetzt. Deshalb begrüßen wir es, dass es nun mit dem QvM gelungen ist, ein einheitliches Qualitätslabel zu etablieren sowie eine unabhängige, verbandsübergreifend agierende Zertifizierungsstelle einzurichten, um auch in Deutschland ein hohes, einheitliches Qualifizierungsniveau für Mediator:innen sicherzustellen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Akzeptanz durch (potenzielle) Nutzer und damit die Markttauglichkeit der Mediation zu fördern. Weitere Schritte müssen folgen (z.B. Einrichtung einer Beschwerdestelle; Mediationskostenhilfe, …), damit Mediation auch in Deutschland vermehrt als professionelles Konfliktlösungsverfahren eingesetzt wird. Mediation und Recht sind freilich kein Gegensatz und die ADR-Verfahren (insb. Mediation) sollen und können im Rechtsstaat das staatliche Gerichtsverfahren nicht ersetzen, sondern sinnvoll ergänzen. Das kann aber nur gelingen, wenn die fachlichen Standards des konsensualen Konfliktmanagements in der Ausbildung und Praxis eingehalten und damit das Vertrauen in die Seriosität der Mediation und der Mediator:innen gesteigert werden.

 

Vgl. hierzu auch:

  • News v. Qualitätsverbund Mediation – Fachverbände einigen sich über QVM-Fachstandards
  • Trenczek, T.: Professionalisierung von Mediatoren; in: v. Schlieffen (Hrsg.): Professionalisierung und Mediation; Beck Verlag, München 2010, S. 99 ff.
  • Trenczek, T.: Fachgerechte Mediation – Qualitätsstandards in der Konfliktvermittlung; Zeitschrift für Rechtspolitik 8/2008, S. 186 ff.
  • Trenczek, T.: Gute Mediatoren – Zur Fachlichkeit von Konfliktvermittlern; ZKM 1/2008, S. 16 ff.
  • Trenczek, T.: Formalisierung der informellen Streitregelung? Anregungen für die Entwicklung von Mediationsstandards; Zeitschrift für Konfliktmanagement 5/2005, S. 153-157

 

Weniger Klagen – Chance für mehr ADR?

Die Zahl der Neuzugänge bei den Amtsgerichten ist in Zivilsachen seit der Jahrtausendwende um mehr als ein Drittel zurückgegangen. 2016 sank die Zahl der Zivilprozesssachen bei den Amtsgerichten erstmals auf unter eine Million Verfahren. Nach mehreren Jahren relativ stabiler Eingangszahlen ging die Zahl 2020 wieder stärker auf 852.907 zurück. Die Anzahl deer sog. Mahnsachen hat sich von 8,5 Millionen im Jahr 2002 auf 4,4 Millionen im Jahr 2020 fast halbiert. Auch bei den Fachgerichten sind abnehmende Fallzahlen festzustellen. So hat sich von 2004 bis 2020 die Zahl der finanzgerichtlichen Verfahren mehr als halbiert. Zugleich hat die Zahl der Richterstellen in der Justiz von 2008 bis 2020 von 20.101 auf 21.943 um fast 10 Prozent zugenommen.

Prof. Dr. Matthias Kilian, langjähriger Direktor des Soldan Instituts, Köln, hat zu diesem Befund rund 1.900 Anwältinnen und Anwälte in Deutschland befragt. Ergebnis: Es gibt drei Hauptgründe für die abnehmende Inanspruchnahme staatlicher Gerichte:
1. Personen, die sich mit einem Rechtsproblem konfrontiert sehen, seien mittlerweile stärker an einer schnellen Konfliktlösung interessiert und diese Erwartung werde durch Gerichtsverfahren nicht (mehr) erfüllt.
2. Die Rechtsuchenden scheinen durch drohende Kosten bzw. Kostenrisiken von einer Inanspruchnahme der Gerichte abgehalten zu werden.
3. Es mangele an Vertrauen in die staatlichen Gerichte, zu fairen Ergebnissen zu gelangen.

Quellen: Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.09.2022
www.anwaltsblatt.anwaltverein.de v. 13.9.2022

Zusammenarbeit von Rechtsanwälten und Mediatoren

Seit 1. August 2022 dürfen Rechtsanwälte mit Angehörigen der Freien Berufe gemeinsam eine Sozietät gründen. Eine entsprechende Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) war erforderlich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2016 die interprofessionellen Berufsausübung zwischen Anwälten, Ärzten und Apothekern aufgrund der bis dahin geltenden Bestimmungen moniert hatte.

Profitieren von der Neuregelung werden zum einen Mediator:innen, die selbst nicht Anwält:innen sind und deshalb über keine Erlaubnis zur Ausübung einer Rechtsdienstleistung verfügen. Sie können nun mit Anwält:innen eine Berufsausübungsgesellschaft gründen oder zumindest mit Anwält:innen eine Bürogemeinschaft bilden. Und Anwaltsmediator:innen dürfen sich nicht nur mit nichtanwaltlichen Mediator:innen zusammenschließen, sondern auch mit weiteren Berufen wie Therapeut:innen oder Psycholog:innen, die keine Mediationserfahrung haben, aber die Mediationskompetenzen stärken können. Nicht zulässig bleibt damit der gesellschaftsrechtliche Zusammenschluss zwischen Anwälten und Mediatoren, die einen nicht freien Beruf ausüben, wie zum Beispiel Grundstücksmakler mit Mediationsausübung. Allerdings können sie jetzt in einer Bürogemeinschaft zusammenarbeiten.

Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.08.2022;
vgl. hierzu auch den Beitrag von Prof. Dr. Matthias Kilian
„Die interprofessionelle Zusammenarbeit in der Mediation
unter Beteiligung von Rechtsanwälten“ (ZKM 2022, 84 ff.)

Bezifferung von Klimafolgekosten in Deutschland – Prognos-Studie

Im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat das Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos AG in Kooperation mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH (GWS) gerade die Ergebnisse ihrer Studie zur Bezifferung von Klimafolgekosten in Deutschland vorgestellt. Die Kernergebnisse der Studie lauten:

Die im Rahmen der Analyse erfassbaren Schäden durch extreme Wetterereignisse seit 2018 betragen mindestens 80 Milliarden Euro. Dabei entfallen auf die Hitze- und Dürresommer 2018 und 2019 schätzungsweise 35 Milliarden Euro, auf die Flutkatastrophe 2021 mehr als 40 Milliarden Euro. Auch die Schäden durch Hagel und Sturm liegen im Milliardenbereich. Viele Schäden lassen sich monetär jedoch nicht erfassen, weshalb die Schadenssumme insgesamt deutlich hoher ausfällt als durch die Analysen erfasst werden konnte. Hinsichtlich der finanziellen Schäden waren vor allem Privathaushalte bei der Flutkatastrophe stark betroffen, bei den Hitzesommern die Land- und Forstwirtschaft sowie Industrie und Gewerbe.

Die Zusammenfassung der Studie finden Sie hier: → Prognos KlimawandelfolgenDeutschland-Kurzzusammenfassung

Weitere Informationen und die ausführliche Dokumentation der Ergebnisse finden Sie hier: → https://www.prognos.com/de/folgen-klimakrise

Projektteam/Autor:innen: Dr. Jan Trenczek, Oliver Lühr, Lukas Eiserbeck, Myrna Sandhövel, Viktoria Leuschner

Siehe hierzu auch das Interview mit Projektleiter der Studie, Dr. Jan Trenczek (Prognos),
auf → NDR Info und → SR2 vom 19.07.2022 sowie
aufHessen 3 – Alle Wetter vom 28.07.2022/18:23 (8:45min) Uhr

Supervisorische Praxisreflexion 2022 – zweite Jahreshälfte

Supervisorische Praxisreflexion und interne Weiterbildung für BMWA-Mediator*innen:
Das SIMK veranstaltet für die BMWA-zertifizierten Mediatoren in Niedersachsen idR 4-5 mal im Jahr eine supervisorische Fall- und Praxisreflexion/Fortbildung. Die nächsten Treffen finden im 2. Halbjahr 2022 am

  • Mo. 18.07.2022
  • Fr.   30.09.2022
  • Mo. 31.10.2022

jeweils von 16.00-18.00 Uhr statt. Aufgrund der derzeitigen Corona-Situation wird die Sitzung bis auf Weiteres über einen DGSVO-konformen Online-Besprechungsraum stattfinden.
Der Teilnehmer*innenkreis ist auf maximal 8 Personen begrenzt. Teilnahme nur nach Anmeldung möglich.

Venice Declaration on the Role of Restorative Justice in Criminal Matters

Auf der Konferenz der Justizminister:innen der Mitgliedstaaten des Europarats “Crime and Criminal Justice – the role of restorative justice in Europe”  (13./14. Dezember 2021 in Venedig, Italien) wurde die „Venice Declaration on the Role of Restorative Justice in Criminal Matters“ angenommen, die eine stärkere Berücksichtigung des Restorative Justice Ansatzes innerhalb und außerhalb der strafrechtlichen Sozialkontrolle anmahnt.

Den Text der Venice Declaration on the role of Restorative Justice in Criminal Matters COE 12-2021 finden Sie hier als →  PDF_Venice Declaration on the Role of Restorative Justice in Criminal Matters_COE 12-2021

In ihrem auf der Internetseite des European Forum for Restorative Justice veröffentlichten Beitrags „How the Venice Declaration Contributes to the International Restorative Justice Framework“ erläutern Ian Marder und  Petra Masopust Šachová Inhalt und Konsequenzen der Venice Deklaration.

(Der einführende Beitrag zur Idee und Praxis des Restorative Justice Ansatzes von Prof. Trenczek „Restorative Justice – (strafrechtliche) Konflikte und ihre Regelung“  ist unlängst in der 2. Auflage des vom AKKrimSoz  herausgegebenen Lehrbuch „Kriminologie und Soziale Arbeit“ (Juventa, Weinheim, 2. Aufl. 2022, 191 ff.) erschienen.

Konflikte und Mediation in der Zusammenarbeit von Familienunternehmen und Startups

Im Online-Magazin → Deutsche Sartups wir das Thema Konfliktmanagement und Mediation im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Familienbetrieben aufgegriffen. Immer mehr Familienunternehmen investierten in Startups, um sich frischen Wind ins Haus zu holen und neue Ideen oder Technologien für sich zu erschließen. Startups könnten von der Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen profitieren durch deren Erfahrung, Vertriebsstrukturen, Netzwerke und nicht selten auch vom bekannten Namen. Aus dieser Symbiose könnten sich enorme Chancen für beide Seiten ergeben, jedoch träfen dabei bisweilen wahrlich Welten aufeinander.

Vielfach werde unterschätzt, was es bedeute, wenn eine gewachsene Unternehmenskultur, oftmals mit traditionellen Strukturen, auf ein Team treffe, das meist noch nicht die Gelegenheit – oder den Bedarf – hatte, betriebliche Strukturen zu entwickeln und sich in vielerlei Hinsicht noch ausprobiere. Jede Seite habe ihre Berechtigung und sei in ihrem Bereich erfolgreich. Aber das damit verbundene Konfliktpotential sei ebenso absehbar wie vermeidbar. Mediation sei ein probates Mittel, um Streitigkeiten zwischen Startups und Familienunternehmen beizulegen.

Auch wenn der Beitrag nur sehr kurz auf einige wesentliche Aspekte der Mediation (z.B. Allparteilichkeit der Mediatoren, Vertraulichkeit, Ergebnisoffenheit, organisatorisch flexible und und informelles Verfahren) bietet der Beitrag einen ersten Zugang zur Thematik und der Welt des mediativen Konfliktmanagements. Hingewiesen wird insb. auch darauf, dass die Mediation als eine professionelle Dienstleistung geeignet ist, auch ausgewachsene Streitigkeiten beizulegen.

Quellen: www.deutsche-startups.de 28.2.2022
Centrale für Mediation 14.03.2022