Seit langem wird beklagt, dass interessengerechte und ressourcenschonende Wege der Konfliktbeilegung vielfach nicht beschritten werden, weil Betroffene von diesen Möglichkeiten keine oder nur unklare Vorstellungen haben und weil sie nicht wissen, wie sie auf diese Wege gelangen können. Sie sehen dann entweder von der Durchsetzung ihrer Ansprüche ab oder begeben sich in ein oftmals beschwerliches Gerichtsverfahren, obwohl sie durch Verhandlungen oder Vermittlung Dritter schnellere und vorteilhaftere Lösungen hätten finden können. Ob und wie sich diese unbefriedigende Situation ändern lässt, soll mit einem Forschungsprojekt untersucht werden, in dessen Mittelpunkt ein interaktives Internet-Portal steht: nach langen Vorarbeiten und zahlreichen Testläufen kann dieses jetzt unter rechtohnestreit.de kostenfrei und anonym genutzt werden Die Besonderheit dieses Angebots besteht darin, dass es Konfliktbetroffene nicht nur über die Möglichkeiten alternativer Streitbeilegung informiert, sondern motiviert und darin unterstützt, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Sie werden dazu veranlasst, über die rechtliche Seite des Konflikts hinauszudenken, sich Klarheit zu verschaffen, was ihnen wirklich wichtig ist, und zu erkennen, auf welchen Wegen sie diese Ziele erreichen können. Dabei werden sie – anders als in bekannten Navigationssystemen – nicht zu einem bestimmten Verfahren geleitet, sondern durch einen niederschwelligen Ansatz und auf ihre konkrete Situation bezogene Informationen zu einer autonomen Entscheidung über den einzuschlagenden Weg befähigt. Die im konkreten Konflikt und für die gesetzten Ziele in Betracht kommenden Methoden (vom kooperativen Verhandeln über Moderation, Mediation und Schlichtung bis zu Bewertungs- und Entscheidungsverfahren) werden anschaulich erläutert, ihre Chancen mit Fallbeispielen verdeutlicht. Es wird über Kosten und Anbieter informiert, vor allem aber auch aufgezeigt, dass die im interaktiven Teil herausgearbeiteten Interessen auch durch flexible Verfahrensgestaltungen umgesetzt werden können. Überdies werden die Nutzer dabei unterstützt und begleitet, den Weg ihrer Wahl zu beschreiten. Sie erfahren, wie sie Konfliktpartner für die Teilnahme gewinnen können, wie sie vermittelnde Dritte finden und beauftragen, worauf zu achten ist, wenn eine rechtssichere Übereinkunft erzielt werden soll, und was sie tun können, wenn die andere Seite nicht mitmacht. Konfliktbeteiligten, die sich ohne Interessenerforschung über Möglichkeiten zur Lösung ihres Konflikts informieren wollen, ermöglicht das System auch einen Schnelldurchgang. Außerdem vermittelt es Professionals, die in der Rechts- oder Konfliktberatung tätig oder, wie z.B. Lehr- oder Führungskräfte, mit Konflikten anderer beschäftigt sind, in einer Infothek praxisbezogenes Wissen zu allen Fragen der alternativen Konfliktbeilegung. Das Angebot trägt den Namen „Recht ohne Streit“, um deutlich zu machen, dass die alternative Streitbeilegung nicht außerhalb der Rechtsordnung steht, sondern es den Beteiligten ermöglicht, selbst zu bestimmen, was in ihrer Beziehung zueinander rechtens sein soll. Initiiert und konzipiert wurde es von einer interdisziplinären, unabhängigen Arbeitsgruppe um Professor Reinhard Greger, der seine Erfahrungen aus 25-jähriger ADR-Forschung eingebracht hat. Die Initiatoren erhoffen sich ein reges Feedback, um weiter am Ziel eines digitalen Konfliktanlaufsystems arbeiten zu können.
Quelle sowie weitere Informationen: Prof. Dr. R Greger; https://rechtohnestreit.de/