Einstellung der Bevölkerung zur außergerichtlichen Konfliktlösung

Seit einigen Jahren finanziert die Roland Rechtsschutzversicherung des sog. Roland Rechtsreport und ermöglicht somit bundesweite Umfragen insb. zur Einstellung der Bevölkerung zum deutschen Justizsystem und zur außergerichtlichen Konfliktlösung. Nun ist der Roland Rechtsreport 2020 erschienen (Befragungszeitraum November 2019; Repräsentative Quotenauswahl von 1.228 Personen; Konzeption und Durchführungi: Istitut für Demoskopie Allensbach).

Nach der im November 2019 durchgeführten Umfrage genießt das deutsche Rechts- und Justizsystem in der Bevölkerung nach wie vor ein hohes Maß an Vertrauen: 70% der Bürger*innen haben sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze, 65% in die Gerichte. Damit nehmen diese beiden Institutionen im Vergleich zu anderen staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen eine herausgehobene Stellung ein. größeres Vertrauen als der Justiz bringt die Bevölkerung nur kleineren und mittleren Unternehmen sowie der Polizei entgegen. Kritisiert wird am Justizsystem vor allem die langen Verfahrensdauern.

85% der Bevölkerung meinen, viele Verfahren dauern zu lang; 83% sind der Ansicht, die Gerichte haben heute viel zu viel Arbeit und sind überlastet. Dabei stützen die Bundesbürger ihr Urteil über das deutsche Rechtssystem allerdings zumeist auf eine Außenperspektive, nur nur knapp jeder Vierte hat bereits selbst persönliche Erfahrungen mit Gerichtsverfahren gemacht, sei es als Zeuge, Kläger oder als Beklagter.

Bereits in den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass die Bevölkerung Angeboten der außergerichtlichen Streitbeilegung durchaus positiv gegenübersteht . Auch die neue Ausgabe des Reports (vgl. Roland Rechtsreport 2020, 26 ff.) bestätigt, dass die Bekanntheit der außergerichtlichen Streitbeilegung sehr hoch ist: 87% der Bevölkerung bereits davon gehört, dass es neben dem Gerichtsverfahren die Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung gibt. In höheren Bildungsschichten sind die ADR-Verfahren bekannter als in Bevölkerungsgruppen mit einem niederen Bildungsniveau. 94% der Personen mit höherer Schulbildung kennen die Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung, bei Personen mit einfachem Schulabschluss sind es 83%. Auch die Erfolgschancen der außergerichtlichen Streitbeilegung wertet die Bevölkerung überwiegend positiv. 54% sind überzeugt, dass sich mit einem solchen Verfahren viele Streitigkeiten beilegen lassen, nur jeder Dritte äußert sich skeptisch. Im Vergleich zum Vorjahr (50%) werden die Erfolgschancen der außergerichtlichen Einigung tendenziell sogar etwas positiver beurteilt.

Roland Presse-Informationen vom 27.02.2020

Download Roland-Rechtsreport 2020

Ebenfalls erhoben wurden Meinungen der Bevölkerung zum wachsenden Nationalismus in Europa. Trotz der weit verbreiteten Beunruhigung über nationalistische Tendenzen ist auch die deutsche Bevölkerung nicht frei davon, von ihrem Staat mehr Nationalismus zu fordern: 40 Prozent denken, dass Deutschland in Zukunft verstärkt eigene Interessen verfolgen und dabei weniger Rücksicht auf andere Länder nehmen sollte. Bedenklich stimmen muss insbesondere, dass Bildungsferne und ostdeutsche Bürger, politisch Desinteressierte sowie die Anhänger der AfD mehr nationalen Egoismus fordern. Hingegen hält eine klare Mehrheit (55 Prozent) der Personen mit höherer Bildung „Germany First“ für den falschen Weg.