Das Mediationsgesetz definiert nicht nur, was Mediation ist (§ 1 Abs. 1 MediationsG), sondern setzt fachliche Mindeststandards für die Durchführung des Mediationsverfahrens, z.B..:
- Grundsätze und Ablauf der Mediation: § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2
- Aufgaben und Rolle der Mediatoren: § 1 Abs. 1 u. 2, § 2 Abs. 2, 3 u. 6, § 3
- Ausschluss der Vor-/Nachbefassung: § 3 Abs. 2
- Rolle/Rechte der Konfliktparteien: § 2 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5
- Möglichkeit von Einzelgesprächen: § 2 Abs. 3
- Einbeziehung Dritter: § 2 Abs. 4
- Vertraulichkeit: § 4
Deshalb stellt sich die Frage nach dem Geltungsbereich bzw. der Reichweite des MediationsG: Für wen gilt das MediationsG? Wer muss die o.g. fachlichen Standards einhalten? Wer ist zu den entsprechenden Hinweisen verpflichtet (→ Hinweis- und Offenbarungspflichten)?
Nach § 1 Abs. 2 MediationsG ist Mediator eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt. Die Vorschriften des Mediationsgesetzes (→ Arbeitshilfen) knüpfen funktional an den Mediator im Sinne von § 1 Abs. 2 MediationsG an, d.h. jede/r Vermittler*in, die/der eine Mediation im Sinne des § 1 Abs. 1 MediationsG auftragsgemäß durchführt (funktionaler Mediatorenbegriff), unterliegt den normativ-fachlichen Standards des Mediationsgesetzes. Entscheidend ist allein der mit den (Konflikt-)Parteien vereinbarte Auftrag (ebenso Greger, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 1 Rn 11). Wurde eine Vermittlung ohne Entscheidungsbefugnis des Dritten in der Streitsache vereinbart bzw. dass die Parteien selbst (eigenverantwortlich) eine Regelung bzw. Lösung in der Sache erarbeiten, dann handelt es sich um eine Mediation i.S.d. § 1 Abs. 1 MediationsG unabhängig davon, ob das Verfahren bzw. das Vorgehen des Dritten als „Mediation“, „Coaching„, „Klärungshilfe„, (Konflikt-)“Moderation„, „Schlichtung„, „Täter-Opfer-Ausgleich“ oder was auch immer bezeichnet wird, unabhängig davon wie sich die dritte Person selbst bezeichnet, ob als (Unternehmens-, Ehe-, …)Berater*, Moderator*, Coach oder Helfer*, Unterstützer*, Ombudsperson, Schiedsrichter* oder Schlichter*, Supervisor*, Sozialarbeiter*, Jurist*, Therapeut*, gar als gute Fee, Magier oder Weihnachtsmann/frau, über welche disziplinäre/berufliche Grundqualifikation die Vermittler:innen verfügen, ob sie im Übrigen als Verfahrensbeistand, als technische, wissenschaftliche, medizinische, psychologische bzw. psychosoziale Fachkräfte, Führungskräfte, (Bewährungs-, Kranken-, Gesundheits-, Pflege-, Rettungs-, Streit-, …)Helfer*, Berater*, Richter*, Seelsorger*, Ingenieur*, Ökonom* oder Organisations- und Unternehmensberater*innen, Rechtsanwälte/Rechtsanwält:innen oder was auch immer tätig sind. Durch § 1 Abs. 2 MediationsG wird der Anwendungsbereich zwar nicht auf alle Anwender von Mediationstechniken („Methoden“) ausgeweitet (vgl. z.B. Güterrichter*innen gem. § 278 Abs 5 ZPO), allerdings gilt das MediationsG verbindlich für alle Dritte/Vermittler*innen, die mit den Parteien ein Vermittlungsverfahren iSd § 1 Abs. 1 MediationsG vereinbart haben. Ausnahmen im Hinblick auf das Arbeitsfeld und Rechtsgebiet – sei es allgemein zivil-, familien- oder strafrechtlicher, sozialpädagogischer, therapeutischer, ökonomischer oder welcher Art auch immer – gibt es nicht.
Mediator*innen sind also (hoffentlich besonders geschulte und erfahrene) unabhängige und unparteiische Vermittler*innen, die die Parteien dabei unterstützen, die strittigen Themen und Streitpunkte zu identifizieren sowie Lösungsoptionen zu erarbeiten (→ Glossar). Die Aufgaben der Mediator:innen bestehen im Wesentlichen darin, den Verhandlungsprozess zwischen den Parteien unterstützend zu begleiten, in dem sie die spezifische Struktur und Methode der Mediation einsetzen. Mediatoren sind Initiatoren für neue Regelungsprozesse und Konfliktlösungen, sie sind aber (funktional) keine Richter und keine Schlichter. Sie verfügen im Hinblick auf den Streitgegenstand über keine Entscheidungs- oder Lösungskompetenz. Sie sind beiden/allen Konfliktparteien gleichermaßen verpflichtet (§ 2 Abs. 3 Satz 1 MediationsG), müssen neutral sein (d.h. dürfen kein eigenes Interesse am sachlichen Ausgang des Konflikts haben) und allparteilich die Parteien darin unterstützen, ihre Interessen und Bedürfnisse zu einem Ausgleich bringen zu können. Durch eine gute Strukturierung des Verfahrens, durch den Einsatz geeigneter, mediationsspezifischer Kommunikations- und Verhandlungstechniken (z.B. aktives Zuhören; Paraphrasieren) und die empathische Grundhaltung unterstützen sie die Konfliktparteien, sich über ihre Interessen klar zu werden und geeignete, tragfähige Lösungen zu finden. Im Gegensatz zum Schlichter machen sie keine eigenen inhaltlichen Lösungsvorschläge. Mediatoren dürfen in der Streitsache auch keine Rechtsberatung (→ hier) durchführen.
Zum Thema „zertifizierte“ Mediatoren siehe → hier.
Quelle und weitere Informationen:
Trenczek, T.: Aufgaben, Funktion und Kompetenzen von Mediatoren; in Trenczek et al. (Hrg.) Handbuch Mediation und Konfliktmanagement; Nomos, Baden-Baden 2013, S. 176 ff.
ders.: Professionalisierung von Mediatoren; in: v. Schlieffen (Hrsg.): Professionalisierung und Mediation; Beck Verlag, München 2010, S. 99 ff