Vorbefassungsverbot – Tätigkeitsbeschränkungen für Mediatoren

Mediatoren sind laut Gesetz (bzw. besser „müssen sein“) unabhängige und neutrale Personen ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führen (vgl. § 1 Abs. 2 MediationsG). Sind die Mediatoren gegenüber auch nur einer Konfliktpartei nicht völlig unabhängig (z.B. Abhängigkeitsverhältnis, vertragliche oder soziale Verpflichtung) so dürfen sie in diesem Fall nicht tätig werden. Entsprechendes gilt, wenn sie in ihrem professionellen Setting im Hinblick auf ein Mediationsverfahren nicht unabhängig sind, also z.B. Vorgaben des Arbeitsgebers/Anstellungsträger (insb. Einigungsquoten) zu erfüllen haben.

Weitere sog. Tätigkeitsbeschränkungen von Mediatoren regeln § 3 Abs. 2 – 4 MediationsG. Danach darf als Mediator nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache in einer anderen als der Mediatorenrolle für eine Partei tätig gewesen ist (§ 3 Abs. 2 Satz 1 MediationsG, sog. Vorbefassungsverbot). Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden (§ 3 Abs. 2 Satz 2 MediationsG).

Der Grund ist Folgender: Mediatoren dürfen nicht in Gefahr geraten, ihre Allparteilichkeit (§ 2 Abs. 3 MediationsG) und das u. a. damit zusammenhängende Vertrauen der Parteien aufs Spiel zu setzen. Deshalb dürfen sie zu den Parteien nicht gleichzeitig in einem Beratungskontext stehen. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob diese Beratung eher psychosozialer, rechtlicher, betriebswirtschaftlich, steuerrechtlicher oder sonstiger Natur ist oder wie diese Beratungsform bezeichnet wird, ob als Coaching, Klärungshilfe, Prozess- oder Unternehmensberatung. Es verbieten sich deshalb nicht nur die gleichzeitige Rechtsberatung und Mediation (→ Mediation und Rechtsberatung) insb. durch Rechtsanwälte, sondern auch die von (Unternehmens- und Organisations-)Berater*innen und Coachs durchgeführten Konfliktvermittlungen im Hinblick auf die in einer Beratung der Unternehmensleitung/Geschäftsführung/Personalentwicklung bzw. einem Coaching einer Führungskraft oder in einem Workshop eines Teams in der konkreten Sache zutage tretenden Konflikte, weil (wenn und soweit) man mit diesen bereits in einem Beratungskontext verbunden und verpflichtet ist. Ebenso sind die in der Praxis bestehenden „Arrangements“ und Strukturen öffentlicher Träger unzulässig, in denen die Mitarbeiter*innen Mediation neben anderen Aufgaben „nebenher“ durchführen, ohne dass eine Trennung von parteilicher, interessengeleiteter Beratung und allparteilicher Mediation in der Angelegenheit gewährleistet wäre (z. B. Beratung und Mediation durch dieselben Mitarbeiter*innen einer Behörde). Das Vor-, Während- und Nachbefassungsverbot lässt sich auch nicht dadurch umgehen, dass man die vermittelnde Tätigkeit in Konflikten statt als Mediation als „Coaching“, „Klärungshilfe“, (Konflikt-)“Moderation“ oder was auch immer bezeichnet (→ funktionaler Mediatorenbegriff).

Nach § 3 Abs. 3 MediationsG darf eine Person auch dann nicht als Mediator tätig werden, wenn eine mit ihr in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundene andere Person vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Allerdings können die betroffenen Parteien hiervon im Einzelfall nach umfassender Information eine Ausnahme machen. In diesem Fall gilt die Tätigkeitsbeschränkung nach Abs. 3 nicht – sofern Belange der Rechtspflege dem nicht entgegenstehen. Im Fall von § 2 Abs. 2 MediationsG, ist eine Ausnahme nicht zulässig. D.h. wer bereits selbst in einem Konflikt in einer anderen Beratungsfunktion tätig war, darf in dieser Sache nicht als Mediator tätig sein, selbst wenn die Parteien damit einverstanden wären.