Konflikte verdichten sich schnell zu streitigen Rechtsfragen, zu verhärteten Positionen, zu Kampf und Rechthaberei. Es bleibt dann offenbar nur der Gang zum Gericht, womit die Parteien nicht nur die Kontrolle über das Verfahren und dessen Ergebnis weitgehend aus der Hand geben (nicht mehr sie, sondern die Richter entscheiden die Streitfragen), sondern auch eine in der Vergangenheit durchaus positive oder nützliche (personelle oder wirtschaftliche) Beziehung durch die adversative (auf Gegnerschaft beruhende) Natur des Gerichtsverfahrens aufs Spiel setzen.Hinter den meisten Konflikten stehen zudem persönliche und unter- nehmerische, wirtschaftliche wie ideelle Zielsetzungen, Interessen und Bedürfnisse, die im Rahmen eines Gerichtsverfahrens keine Berück- sichtigung finden (können). In der juristischen Sachbearbeitung muss (fachgerecht) notwendig alles weggelassen werden, was im Hinblick auf die Rechts- und Anspruchsgrundlagen irrelevant ist.
Für den Betroffenen sind aber in aller Regel andere Aspekte, insb. wirtschaftliche soziale und emotionale Aspekte wichtiger. Das für die Lösung der (Streit)Fragen Wesentliche wird als unbeachtlich ausgeblendet. Diese Interessen, Bedürfnisse und (Gerechtigkeits-)Überzeugungen spielen im Gerichtsverfahren keine Rolle, da deren Gegenstand ausschließlich Rechte (Positionen) sind, die grundsätzlich retrospektiv, also mit Blick zurück auf die Vergangenheit entschieden werden. Gerichtsentscheidungen weisen in der Regeln keine in die Zukunft weisende, gestalterische Elemente auf. Der Gang zum Gericht führt deshalb in vielen Fällen nicht zu den erwarteten Ergebnissen ungeachtet des getriebenen zeitlichen und finanziellen Aufwands. Mediation bietet hierzu eine Alternative.
Mediation ist kein Allheilmittel. Mediationsverfahren bringen aber sowohl für die Konfliktparteien wie für ihre Anwälte eine Reihe von Vorteilen:
Vorteile des Mediationsverfahrens für die Parteien:
- Selbstbestimmung und Planungssicherheit: keine Entscheidung durch Dritte; die Parteien bestimmen die Mediatoren, Anfang und Ende, Inhalt und Ergebnis des Mediationsverfahrens;
- Zukunftsorientierte Lösung bei der alle Seiten gewinnen können (sog. win-win-Situation);
- Hohe Erfolgschancen: bei Durchführung eines fachgerechten Mediationsverfahrens liegt die Einigungsquote i.d.R. bei 80-90%;
- Angemessene Berücksichtigung der Standpunkte, Interessen und Ziele der Parteien;
- Unbürokratisches, flexibles Verfahren (u.a. abgestimmte Terminplanung);
- Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung der geschäftlichen bzw. persönlichen Beziehungen;
- Erzielung wirtschaftlich sinnvoller und nachhaltiger Ergebnisse;
- Zeitersparnis gegenüber Gerichtsverfahren, insb. bei mehreren Instanzen;
- Reduzierung der (Rechtsverfolgungs-)Kosten, Schonung personeller und betrieblicher Ressourcen, Vermeidung von Reibungsverlusten (z.B. Abstellen von Mitarbeitern, interne und externe Besprechungen zur Vorbereitung von Gerichtsverfahren);
- Vertraulichkeit, Bewahrung von Geschäftsgeheimnissen, keine Gefahr der Rufschädigung und Imageverlusten, keine Presse;
- nachhaltige Steigerung der persönlichen und betrieblichen Produktivität durch die Erfahrung konstruktiver Konfliktlösungsverfahren
- Verringerung emotionaler Kosten in Streitverfahren, nachhaltige Zufriedenheit mit Verlauf und Ergebnis des Mediationsverfahrens;
Mediation ist stets eine zusätzliche Option. Zwar sollen gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden bzw. u.U. bereits eingeleitete gerichtliche Verfahren während des Mediationsverfahrens ruhen. Der Rechtsweg ist aber (danach) nicht ausgeschlossen.
Vorteile des Mediationsverfahrens für Rechtsanwälte:
Auch für Rechtsanwälte und andere Parteivertreter bieten Mediationsverfahren nachhaltige Vorteile. Mediation ist schon deshalb keine konkurrierende Alternative zur Parteivertretung, da in der Mediation keine Rechtsberatung stattfindet. Darüber hinaus verstehen sich auch Anwälte zunehmend mehr als begleitende Berater ihrer Mandanten in unternehmerischen und persönlichen Entscheidungsprozessen und fördern über die rechtliche gerade auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise der Konfliktlösung. Durch die Initiierung von Mediationverfahren, die die wirtschaftlichen und personellen Ressourcen ihrer Mandanten schonen, tragen Anwälte nachhaltig zur Mandantenzufriedenheit bei.
Mediative Verfahren gehören mittlerweise zu den Schlüsselkompetenzen von Anwälten, auch wenn sie selbst nicht als allparteiliche Mediatoren auftreten. Um Mediation als neues Betätigungsfeld entdecken zu können, bedarf es freilich mehr als eines einwöchigen Schnellkurses, sondern einer fundierten Mediationsausbildung.